Techniken zur Effizienzsteigerung & Zeitmanagement: Tipps für mehr Produktivität im Arbeitsalltag

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„Eilig!“, „Dringend!“, „Bitte sofort!“

Müsste ich Lieblingsfloskeln der Mandanten küren, würden diese drei sich wohl den ersten Platz teilen. Und auch so mancher Notar markiert konsequent alle Akten mit einem imaginären „Eilt-Fähnchen!“

Wer kennt es nicht? Man hat gerade so das Gefühl, seinen Schreibtisch im Griff zu haben, verlässt die Gefahrenzone für keine zehn Minuten und findet sich anschließend in einer chaosartigen Szene wieder: Dutzende neue E-Mails blinken auf, das Telefon schrillt ununterbrochen und womöglich finden sich auch noch neue Akten wie Kuckuckseier auf dem Schreibtisch wieder.

Was also tun, wenn die Akten sich zu Türmen stapeln? Wenn das E-Mail-Postfach permanent aufleuchtet? Wenn man sich deshalb morgens schon nach dem Feierabend sehnt?

Tipps und Tricks für ein funktionierendes Zeitmanagement sind hierzu in dutzenden Ratgebern zu finden, die Methoden vermitteln wollen, die Arbeitszeit so effektiv wie möglich zu nutzen. Aber taugen diese wissenschaftlich anerkannten Methoden auch für das Notariat? Können Notarfachangestellte sich Eisenhower und Co. zum Vorbild nehmen, um einen stressfreien und effizienteren Arbeitstag zu planen?

Ob ich einen Geheimtipp für Sie habe, erfahren Sie in den nächsten Zeilen.

Was taugen Klassiker wie die Eisenhower-Methode?

Der ehemalige US-Präsident Eisenhower äußerte sich einmal wie folgt: „Ich habe zwei Arten von Problemen, die dringenden und die wichtigen. Die dringenden sind nicht wichtig und die wichtigen sind niemals dringend.“

Tja, ich weiß ja nicht, wie es bei Ihnen aussieht, aber mir fallen da auf Anhieb mehr als diese zwei Probleme ein. Da wären die komplizierten Aufgaben, die Notfälle, die Fälle mit Deadline, die kleineren Angelegenheiten, alte Probleme und die aufgeschobenen Aufgaben. Aber ich bin ja schließlich auch kein US-Präsident… 

Denkt man die Methode, die auf den Worten des ehemaligen US-Präsidenten beruht, dennoch weiter, gliedert sich diese Methode in vier Kategorien:

Erledigen, Terminieren, Delegieren und Entfernen. Aufgaben werden nach Wichtigkeit und Dringlichkeit wie folgt unterteilt:

  • Die A-Aufgaben: Aufgaben, die wichtig und dringend sind, sollten schnellstmöglich selbst erledigt werden.
  • Die B-Aufgaben: Dringende, aber unwichtige Aufgaben sollten terminiert und ebenfalls selbst erledigt werden.
  • Die C-Aufgaben: Wichtige, aber nicht dringende Aufgaben sollten delegiert werden.
  • Die D-Aufgaben: Unwichtige und nicht dringende Aufgaben sollten nicht bearbeitet werden.

Dass diese Bilderbuch-Methode wirklich nicht für das Notariat taugt, machen diese Knackpunkte deutlich: Um die C-Aufgaben delegieren zu können, bedarf es Kollegen mit genügend Zeitkapazität im Unternehmen, die die dritte Kategorie abfangen können. Zeit und Arbeitskräfte sind bekanntermaßen Mangelware im Notariat. Zweiter Knackpunkt: Unwichtige und nicht dringende Aufgaben gibt es im Notariat praktisch gar nicht. Jeder Mandant will zurückgerufen werden, jede Nachricht muss beantwortet werden. Dass Spam-Nachrichten in die vierte Kategorie einzuordnen sind, hilft einem im stressigen Arbeitsalltag wohl eher nicht viel weiter.

Was hilft also stattdessen weiter? Halten bewährte Techniken überhaupt etwas Nützliches für uns im Notariat bereit?

Was kann die „Eat-the-Frog“-Methode?

Ich habe ein – wie ich finde, zielführendes – Zitat für Sie. Der Schriftsteller Mark Twain hat wohl einmal gesagt: „Wenn es Ihre Aufgabe ist, einen Frosch zu essen, ist es am besten, dies gleich morgens zu tun. Und wenn es Ihr Job ist, zwei Frösche zu essen, essen Sie am besten zuerst den größten.“

Diese barbarische Wortwahl hat gar nicht so unrecht: Die Kröte muss geschluckt, anstatt aufgeschoben zu werden. Nach dieser Methode werden die schwierigsten, unangenehmsten und zeitintensivsten Aufgaben als allererstes erledigt.

Denken Sie an die komplizierte Fälligkeitsmitteilung, die Sie vor sich herschieben oder ein Telefonat mit einem schwierigen Mandanten, das unangenehm zu werden droht. Ich persönlich arbeite diese „Kröten“ am liebsten direkt ab, damit die unangenehmste Tätigkeit aus der Welt geschafft ist und keine weiteren Gedanken hieran verschwendet werden müssen.

Wenn auf uns dagegen nicht nur einzelne Kröten, sondern eine ganze Krötenwanderung am Montagmorgen wartet, tja, dann helfen die Worte des amerikanischen Schriftstellers wohl allein nicht weiter.

Der Dreh- und Angelpunkt eines guten Zeitmanagements ist nach meiner Meinung, welche hoffentlich auch Herr Dwight D. Eisenhower nachvollzogen hätte, daher:

Prioritäten kennen und abarbeiten

Dankenswerterweise gibt es einige Themen, die von Natur aus priorisiert behandelt werden müssen: Ich spreche von Fälligkeitsmitteilungen, Beantragung von Auflassungsvormerkungen und Fristen. Zudem hat sicherlich jedes Team im Notariat eigene Regeln, was Prioritätensetzung angeht, an denen man sich festhalten kann.

Ganz danach richtet sich die Methode mit der vielsagenden Abkürzung:

GTD („Getting Things Done“-Prinzip)

So ist „Priorität“ das Schlüsselwort dieser Zeitmanagement-Methode. Die Aufgaben werden zunächst erfasst und klassischerweise in einem Tool aufgeführt und anschließend sortiert. Diese zeitraubende Vorarbeit sollte im Notariat wohl eher ignoriert werden. Ansonsten würden wir noch Zeitmanagement-Methoden für unser eigentliches Zeitmanagement benötigen.

Aber Ziel dieser Methode ist es ja auch nicht, dramatische To-Do-Listen oder Power-Point-Präsentationen zu verfassen, sondern die sich im Hintergrund stetig erweiternde und ratternde To-Do-Liste aus dem Gehirn auszulagern. Insofern hilft da nach meinem Verständnis auch ganz einfach: Stapel bilden und abarbeiten.

Daneben halte ich viel von der

60:40 – Regel

Kern dieser Methode ist es, lediglich 60 % seiner Arbeitszeit zu verplanen. Die restlichen
40 % verbleiben als Puffer. Bei einem achtstündigen Arbeitstag würden lediglich fünf Stunden voll verplant werden. Die restlichen drei Stunden würden für Spontanes und Unvorhergesehenes offen bleiben. Denn Hand aufs Herz: Etwas Unvorhergesehenes wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit passieren.

Dieses Prinzip sorgt für mehr Erfolgserlebnisse, wenn täglich wirklich das geschafft wird, was geplant war, und gleichzeitig für mehr Zufriedenheit, weil genug Kapazität vorhanden war, dem unvorhergesehenen Mandat gerecht zu werden.

Aber genug mit wissenschaftlich fundierten Methoden – An manchen Tagen fühlen wir uns, als könnten wir dutzende Kröten schlucken. An anderen freuen wir uns, dem Ansturm am Telefon gerecht zu werden und die Kaffeetasse gerade halten zu können. Daher nun fünf praktische Sofortmaßnahmen von mir – wenn vielleicht auch nicht ganz so wissenschaftlich fundiert:

1. Aktenhopping vermeiden

Multitasking ist häufig der Sand in unserem Getriebe. Das permanente Erinnern und Umwerfen von Plänen im Kopf verhindert das eigentliche Denken in unserem Gehirn und hält uns von unserer eigentlichen Arbeit ab. So auch das Hin- und Herwechseln zwischen verschiedenen Akten. Jedes Mal, wenn mehr als eine Sache gleichzeitig bearbeitet wird, wechselt der Kopf blitzschnell zwischen den Tätigkeiten und kämpft gegen den „Error“ an.

Gerade wenn Sie im Notariat ein All-Rounder sind und mehrere Fachbereiche abdecken, kann es das Gehirn entlasten, nicht mehr zwischen verschiedenen Themen zu springen. Vielleicht kann es hilfreich sein, zunächst die Immobilien-Themen abzuarbeiten, ehe in das Gesellschaftsrecht eingetaucht wird – eben natürlich nur, sofern es der Alltag zulässt.

Sicherlich kennen Sie alle die Situation: Sie arbeiten an einem wichtigen und dringenden (!) Verschmelzungsentwurf, der es in sich hat. Sie fuchsen sich gerade in die Vertretungsverhältnisse der beteiligten Gesellschaften ein und fluchen leise über die unterschiedlichen Befreiungen von § 181 BGB, da stürmt jemand in Ihr Büro. Derjenige bringt eine Akte zurück, möchte wahrscheinlich auch noch ein bis drei Sätze hierzu loswerden. Daneben klingelt das Telefon und ein Mandant hätte noch vier bis fünf Fragen zu seinem Kaufvertragsentwurf. Wissen Sie da noch, wer der Geschäftsführer der aufnehmenden Gesellschaft ist und wie er vertreten darf? Ich jedenfalls nicht.

Aus diesem Grund hat sich der nächste Punkt auf meiner Liste bei mir etabliert:

2. Benachrichtigungen stumm schalten

Früher leuchtete jede neue E-Mail mit einer kurzen Vorschau an meinem Bildschirmrand auf. Die Neugierde geweckt, wurde natürlich jedes Mal gegrübelt, was der weitere Inhalt der Mail sein könnte. Schließlich wurde fast jedes Mal die Beherrschung verloren und das Postfach geöffnet. Danach wusste ich bestenfalls nicht mehr, wo mein vorheriger Gedankengang aufgehört hatte. Im worst-case habe ich mich im Labyrinth an neuen Gedanken verlaufen und wieder bei null angefangen.

Daher prüfe ich mein Postfach nun regelmäßig auf neue E-Mails, aber eben dann, wenn es bei mir gerade passt. Neue Nachrichten blinken nicht mehr bunt und mit Ton auf. Ich lasse mich so nicht mehr von einer Sachstandsanfrage eines Mandanten per Mail ablenken, wenn ich doch gerade an einem anspruchsvollen Entwurf arbeite.

Vor allem die „bitte nicht stören“- Funktion des Telefons ist ein echter Game-Changer für mich geworden. Der Mandant wird dann eben zeitnah zurückgerufen, wenn ein Gedankengang in meinem Kopf abgeschlossen ist.

3. Aufräumen und Akten ablegen

Banal, aber wahr. Karteileichen im Aktenschrank, Kabelsalat unter dem Bildschirm oder vergilbte Klebezettel im Blickfeld können die Konzentrationsfähigkeit erheblich einschränken.

Eine aufgeräumte Arbeitsatmosphäre kann den Geist erholen und zu mehr Produktivität führen. (Dieser Satz klingt zwar nach einem Zitat aus meiner obigen Sammlung, stammt aber von mir!)

4. Nein sagen und Pausen einlegen

Oft gedacht und doch zu selten ausgesprochen: „Noch eine Akte mehr und mein Tisch bricht zusammen.“

Wir wissen alle, dass in unserer Branche freie Kapazitäten echte Mangelware sind. Ein chronisch überlasteter Schreibtisch gehört irgendwie dazu. Doch vier kleine Buchstaben können manchmal ein klitzekleines bisschen Abhilfe schaffen. Ich spreche nicht davon, das Wort „Nein“ in jeden Satz einzubauen. Ich spreche davon, das Wort „Nein“ als Joker zu verwenden, wenn wirklich nichts mehr geht. Dabei gehe ich fest davon aus, dass ein guter Chef die wohldosierte Benutzung dieses Wortes versteht und in dem Fall dann auch akzeptiert.

Dass Pausen zu jedem noch so überfüllten Arbeitstag gehören (müssen), sei an dieser Stelle nur der Vollständigkeit halber erwähnt.

5. Abends schon von morgen träumen

Anstatt nachts von Albträumen wachgehalten zu werden, in denen einem die Arbeit über den Kopf wächst, bietet es sich an, als letzten Arbeitsschritt des Arbeitstages den nächsten Tag zu planen. Ich persönlich aktualisiere abends meine Stapel und sortiere die Arbeit für den nächsten Tag vor. So kann ich abends beruhigt in den Feierabend gehen und morgens motivierter in den Tag starten. Ich vermeide so die Morgende, an denen ich gehetzt zwischen meiner Teetasse und den Akten hin- und hergreifen muss, denn es ist ja alles bereits vorsortiert.

Es ist klar: Für das passende Zeitmanagement gibt es kein allgemeingültiges Rezept, das ich Ihnen präsentieren kann. Das persönliche Zeitmanagement sollte an unsere jeweilige Tagesform und das Arbeitsaufkommen angepasst werden. Denn manche Tage eignen sich einfach besser dazu, Kröten zu schlucken, als andere.

Was tun Sie, um Ihren Arbeitsalltag zu organisieren? Lassen Sie es mich gerne wissen.

Die Notarfachangestellte aus Hamburg hat ein Faible für das Gesellschafts- und Erbrecht, ist aber auch in allen anderen Rechtsgebieten, die das Notariat zu bieten hat, unterwegs. Nach der Ausbildung zur Notarfachangestellten, hat sie einen kurzen Ausflug in das Jurastudium gemacht und dabei festgestellt, dass ihr Herz einzig und allein für das Notariat schlägt. Als nächstes steht die Weiterbildung zur Notarfachwirtin auf ihrem Plan. In ihrer Freizeit ist sie mit einem Podcast auf den Ohren, einem Buch vor der Nase oder in der Natur rund um die Alster anzutreffen.

Hier erzählt sie Geschichten aus dem Büroalltag und gibt Einblicke hinter die Kulissen im Notariat.

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