Immer wieder kommt es zwischen Mandanten und dem Notar zum Streit über die Kosten, wenn Beurkundungen vorzeitig abgebrochen werden. Das OLG Karlsruhe hat über einen Fall entschieden, in dem eine Mandantin einen laufenden Termin platzen ließ, da sie nicht alle Urkundstexte verstand (22.2.23, Az. 19 W 108/21 [Wx]). Sie berief sich außerdem darauf, dass der Notar einen Beratungstermin nicht selbst, sondern durch seinen Büroleiter durchführen ließ. Das OLG ließ beide Vorwürfe nicht gelten.
1. Drei Verträge, zweimal zum Notar – Aber die Beurkundung kommt nicht zustande
Am Ende dieses Termins wurde dann der Beurkundungstermin für den Grundstückskaufvertrag für den 28.12.2020 vereinbart. Bei der Beurkundung knapp zwei Wochen später geschah Folgendes: Der Notar belehrte über mögliche Anfechtungsrechte und wollte diese Belehrung noch in der Urkunde dokumentieren. Damit war die Mandantin nicht einverstanden, denn sie verstand die Belehrung inhaltlich nicht und konnte diese auch nicht rasch durch ihren Anwalt prüfen lassen. Sie brach den Termin daher ab.
Der Notar rechnete für das vorzeitig beendete Beurkundungsverfahren eine 2,0-Gebühr aus KV-Nr. 21302 GNotKG (Geschäftswert: 240.000 EUR) für den Grundstückskaufvertrag ab. Die Mandantin lehnte die Kostenrechnung ab und beantragte hierüber eine gerichtliche Entscheidung (§ 127 GNotKG). Abgesehen von der Ergänzung des Urkundentexts mitten im Termin habe der Notar auch seine Amtspflichten verletzt, da er nicht selbst, sondern seinen Büroleiter den Beratungstermin am 10.12.2020 habe durchführen lassen. Den Umstand, dass ein Entwurf bezahlt werden müsse, habe er zu ihrem Nachteil ausgenutzt.
Wie schon das LG Mannheim zuvor bestätigte auch das OLG Karlsruhe im Beschwerdeverfahren die Kostenrechnung des Notars. Die Voraussetzungen, dass die Kosten nach § 21 GNotKG nicht erhoben werden, lägen nicht vor.
2. OLG trennt Sachverhalte: Anspruch auf Schadenersatz gehört nicht ins Prüfverfahren
Tatsächlich konnte die Textergänzung, die noch im Beurkundungstermin eingefügt werden sollte, auf das vorherige Beratungsgespräch zurückzuführen sein, das nicht der Notar, sondern sein Büroleiter geführt hat. Dieses Gespräch betraf jedoch den möglichen Ehe- und Erbvertrag und hatte nichts mit dem zu beurkundenden Grundstückskaufvertrag zu tun. Eben dieser Kaufvertrag war nach den Wünschen der Antragstellerin bereits fertiggestellt und urkundsreif. Schon dadurch waren die korrekt berechneten Notarkosten angefallen.
a) Jeder Notar bekommt eine zweite Chance …
Den neuen Text hätte die Antragsgegnerin mit ihrem Rechtsanwalt durchsprechen und dann und einen neuen Beurkundungstermin vereinbaren können. Zusätzliche Kosten durch eine Neubeurkundung bei einem anderen Notar wären dann nicht entstanden. Ein Urkundsbeteiligter muss dem Notar ermöglichen, Mängel der Beurkundung durch eine neue Beurkundung oder auch eine Nachbeurkundung zu beheben. Tut er dies nicht, ist auch keine Kostenniederschlagung nach § 21 Abs. 1 S. 1 möglich.
b) Beurkundungsverfahren lief korrekt ab
Schließlich war da noch der Vorwurf, der Notar habe seine Amtspflichten verletzt, da er das Beratungsgespräch (zum Ehe- und Erbvertrag) nicht selbst, sondern durch seinen Büroleiter führen ließ. Dieses Gespräch betraf allerdings den möglichen Ehe- und Erbvertrag und hatte nichts mit dem zu beurkundenden Grundstückskaufvertrag zu tun. Insoweit kann dem Notar nicht vorgehalten werden, er habe das Beurkundungsverfahren nicht korrekt bearbeitet.
Hier war es so, dass die Antragstellerin einen Schadensersatzanspruch nach § 19 BNotO geltend machte, den sie dem Kostenanspruch des Notars entgegenhielt. Höchstrichterlich ist aber geklärt, dass dies im Kostenprüfungsverfahren nach § 127 GNotKG nicht möglich ist. Wer einen derartigen Schadenersatz aufgrund verletzter Amtspflichten geltend machen will, muss dies beim zuständigen Landgericht gem. § 19 BNotO Abs. 3 tun.
Fazit
Das im Verfahren nach § 127 GNotKG kein Schadensersatzanspruch wegen einer Amtspflichtverletzung (§ 19 BNotO) ins Spiel kommen kann, hatte schon der BGH entschieden (Beschl. v. 23.05.2022, Az. V ZB 9/21). Gleichzeitig hat er eine Ausnahme hiervon betont: Nämlich, wenn der Amtshaftungsanspruch nach § 19 BNotO unstreitig oder rechtskräftig festgestellt ist. Ferner musste sich der Notar hier bezüglich des vorbereiteten Grundstückskaufvertrag ohnehin keinen Fehler vorhalten lassen, da er alle Beratungsgespräche und die Beurkundung selbst vorgenommen hatte.