Nachbereitung der Notarvertretung
Im Nachgang zur Übernahme einer Vertretung ist es ratsam, dem Amtsinhaber in einem Vermerk bzw. einer E-Mail eine kurze Rückmeldung zu den erledigten Amtsgeschäften zu geben. Besondere Vorkommnisse sind – unabhängig davon, ob diese das Beurkundungsverfahren oder den Vollzug betreffen – in jedem Fall mitzuteilen, um dem Amtsinhaber zu ermöglichen, sich nach der Rückkehr ins Amt einen Überblick über unerledigte Angelegenheiten zu verschaffen. In die Kategorie der besonderen Vorkommnisse gehören beispielsweise abgebrochene Beurkundungsverhandlungen oder vom Notarvertreter verweigerte Amtshandlungen beim Vollzug von Urkunden. Über Besprechungen mit den Beteiligten sollten schriftliche Vermerke erstellt werden.
Nach Beendigung der Vertretung vorgenommene Amtshandlungen des Notarvertreters sind grundsätzlich formunwirksam. (Peterßen, RNotZ 2008, 181, 208) Dieser Grundsatz wird vor allem dann relevant, wenn der Notarvertreter innerhalb des Vertretungszeitraums vergisst, Unterschriften zu leisten. Betrifft dieses Versäumnis lediglich eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift, ist es unproblematisch zu beheben: In diesem Fall ist dem Amtsinhaber möglich, das betreffende Schriftstück selbst zu unterschreiben. Vergisst der Notarvertreter indes die Unterzeichnung einer Urkunde, so wird man im Regelfall eine erneute Vertreterbestellung in die Wege leiten müssen. Im Rahmen dieser neuerlichen Vertretung kann der Notarvertreter die Unterschriftsleistung nachholen. (Ebenso Peterßen, RNotZ 2008, 181, 209; Frenz/Miermeister/Wilke, BNotO, 6. Aufl. 2024, § 41 Rn 12. Nach richtiger Auffassung ist für die Nachholung einer vergessenen Unterschrift eine Nachtragsverhandlung nicht erforderlich, vgl. Frenz/Miermeister/Limmer, BNotO, 6. Aufl. 2024, § 13 Rn 23 m. w. N. (auch zur Gegenauffassung).) Ähnlich ist im Falle einer vergessenen Unterschrift eines Urkundsbeteiligten vorzugehen: Zwar ist die Zulässigkeit der Nachholung heute herrschende Meinung (Frenz/Miermeister/Limmer, BNotO, 6. Aufl. 2024, § 13 Rn 24;BeckOGK-BeurkG/Seebach/Rachlitz, Stand: 1.12.2024, § 13 Rn 213; aus der Rechtsprechung: OLG Düsseldorf, Urt. v. 7.10.1998 – 15 U 192/97, DNotZ 2000, 299); klar ist aber auch, dass die Nachholung mit Blick auf den Abschluss des Beurkundungsverfahrens aufgrund der Unterzeichnung der Urkunde durch den Notarvertreter eine Nachtragsverhandlung erforderlich macht, die durch den Notarvertreter abzuhalten ist, weil dieser die ursprüngliche Niederschrift errichtet hat. (Ebenso Peterßen, RNotZ 2008, 181, 211; zu dem generellen Erfordernis, dass der Notar, der die Nachtragsniederschrift aufnimmt, auch der Notar sein muss, der die ursprüngliche Niederschrift errichtet hat, BeckOGK-BeurkG/Seebach/Rachlitz, Stand: 1.12.2024, § 13 Rn 219) Insofern ist auch im Falle der vergessenen Unterschrift eines Urkundsbeteiligten eine erneute Vertreterbestellung in die Wege zu leiten. Vergisst der Notarvertreter, den nach Maßgabe des § 41 Abs. 1 S. 2 BNotO erforderlichen Zusatz „Notarvertreter“ bei der Unterschrift anzubringen, so kann dieses Versäumnis als offensichtliches Schreibversehen behandelt und in einem einfachen Vermerk ausgebessert werden. (Frenz/Miermeister/Wilke, BNotO, 6. Aufl. 2024, § 41 Rn 12) Diesen Vermerk kann der vertretene Notar selbst anbringen, da das Schreibversehen auch aus seiner Perspektive offensichtlich ist. (Peterßen, RNotZ 2008, 181, 211, der sich allerdings für einen förmlichen Nachtragsvermerk ausspricht.) Sofern die Urkunde noch nicht in den Rechtsverkehr gelangt ist, ist die Verbesserung in eindeutigen Fällen – also dann, wenn sich die Tatsache der Beurkundung durch den Unterzeichner als Notarvertreter aus der Urkunde klar ablesen lässt – auch durch bloße nachträgliche Anbringung des Zusatzes gemäß § 41 Abs. 1 S. 2 BNotO bei der Unterschrift möglich. (Frenz/Miermeister/Wilke, BNotO, 6. Aufl. 2024, § 41 Rn 12)
Ob der vertretene Notar eine Urkunde des Notarvertreters durch einen Nachtragsvermerk nach § 44a Abs. 2 S. 1 BeurkG berichtigen darf, ist richtigerweise differenzierend zu beantworten: Ist die Unrichtigkeit für den vertretenen Notar nach seiner eigenen amtlichen Wahrnehmung offensichtlich, so ist die Berichtigung möglich; die Berichtigung von Unrichtigkeiten, die nur für die Urkundsbeteiligten oder den beurkundenden Notarvertreter offensichtlich sind und sich dem vertretenen Notar allein durch deren Auskunft erschließen würden, sind dem Amtsinhaber demgegenüber verwehrt. Peterßen, RNotZ 2008, 181, 210 f.; zur ähnlich gelagerten Frage nach der Möglichkeit der Berichtigung einer offensichtlichen Unrichtigkeit durch Amtsnachfolger des Notars DNotI-Report 2014, 9) Hat der Notarvertreter ein Tatsachenprotokoll errichtet, ist dieses – jedenfalls soweit die Wahrnehmung von Tatsachen betroffen ist – denklogisch keiner Berichtigung durch den vertretenen Notar zugänglich. (Peterßen, RNotZ 2008, 181, 211)
Sonderfall der ständigen Vertretung
Der Gesetzgeber hat in § 39 Abs. 1 S. 2 BNotO eine Möglichkeit geschaffen, eine Vertretung für alle Vertretungsfälle, die während eines bestimmten Zeitraums eintreten, zu schaffen. Die Regelung schafft eine prozedurale Erleichterung bei der Vertretungsbestellung: Es soll dem Notar nicht zugemutet werden, die jeweilige Vertreterbestellung immer neu zu veranlassen; stattdessen soll zu seiner Entlastung und der der Bestellungsbehörde ein Bestellungsakt sämtliche Vertretungsfälle während des Geltungszeitraums abdecken. (Frenz/Miermeister/Wilke, BNotO, 6. Aufl. 2024, § 39 Rn 30; vgl. auch BeckOK-BNotO/Frisch, 11. Ed., Stand: 1.2.2025, § 39 Rn 18) Für Fälle der Abwesenheit oder Verhinderung auch der ständigen Vertretung kann gemäß § 39 Abs. 1 S. 3 BNotO eine weitere, auch ständige Vertretung bestellt werden. Es ist also denkbar, dass der Notar während der Laufzeit einer ständigen Vertretung punktuell einen anderen Vertreter oder zwei ständige Vertreter, von denen nur einer als Haupt- und der andere als Ersatzvertreter ausgewiesen sein muss, bestellen lässt. (Frenz/Miermeister/Wilke, BNotO, 6. Aufl. 2024, § 39 Rn 33a) Falls dem Notar ein Notarassessor zugewiesen ist, kann dieser – obwohl bereits eine ständige Vertretung besteht – als weiterer, auch ständiger Vertreter bestellt werden (§ 39 Abs. 1 S. 4 BNotO). (Hintergrund dieser Regelung ist die Ermöglichung einer vollwertigen Amtstätigkeit zu Ausbildungszwecken, auch bei Anwesenheit der ständigen Vertretung, vgl. BeckOK-BNotO/Frisch, 11. Ed., Stand: 1.2.2025, § 39 Rn 22 m. w. N.) In dem zuletzt genannten Sonderfall bedarf es keiner expliziten Ausweisung des Haupt- und des Ersatzvertreters; hier stehen beide ständige Vertreter – der Notarassessor und die weitere als Notarvertretung bestellte Person – gleichgeordnet nebeneinander. (Frenz/Miermeister/Wilke, BNotO, 6. Aufl. 2024, § 39 Rn 33b)
Eine ständige Vertretung setzt die wiederholte Verhinderung eines Notars in einem bestimmten Zeitraum voraus. (Frenz/Miermeister/Wilke, BNotO, 6. Aufl. 2024, § 39 Rn 31) Auf die konkreten Hinderungsgründe kommt es nach der gesetzlichen Regelung nicht an; diese spielen jedoch bei der Ermessensentscheidung der Behörde eine wesentliche Rolle. (Frenz/Miermeister/Wilke, BNotO, 6. Aufl. 2024, § 39 Rn 31) Zur Antragstellung gilt das oben Gesagte. (Vgl. A. II.) Gemäß § 39 Abs. 3 S. 2 BNotO ist der Kreis der für die Übernahme des Amtes eines ständigen Vertreters in Betracht kommenden Personen von vornherein auf (andere) Notare, Notarassessoren und Notare außer Dienst eingeschränkt. Wenn die Bedürfnisse einer geordneten Rechtspflege es erfordern, kann von diesem Grundsatz allerdings abgewichen werden. (BeckOK-BNotO/Frisch, 11. Edition, Stand: 1.2.2025, § 39 Rn 24) Die Zuständigkeit für die Bestellung einer ständigen Vertretung folgt überwiegend den Bestimmungen zur Bestellung einer einfachen Notarvertretung. (Frenz/Miermeister/Wilke, BNotO, 6. Aufl. 2024, § 39 Rn 37 (mit Hinweisen zu Ausnahmebestimmungen für Niedersachsen). Auch in Baden-Württemberg gibt es keinen Gleichlauf der Zuständigkeiten für die Bestellung des einfachen und des ständigen Vertreters, vgl. Ziffer 4.4.3.1 VwV Notarwesen Baden-Württemberg: Hier ist das Justizministerium für die Bestellung eines ständigen Vertreters zuständig.) Die Entscheidung über die Bestellung einer ständigen Vertretung ist – ebenso wie diejenige über die Bestellung einer einfachen Vertretung – eine Ermessensentscheidung. (BeckOK-BNotO/Frisch, Stand: 1.2.2025, § 39 Rn 23) Im Rahmen der Ausübung des Ermessens hat sich die zur Entscheidung über die Bestellung berufene Behörde den Ausnahmecharakter der ständigen Vertretung zu vergegenwärtigen; schließlich ist der Grundsatz der persönlichen Amtsausübung im Falle der Bestellung einer ständigen Vertretung stärker bedroht als im Falle der Bestellung einer einfachen Vertretung. (Frenz/Miermeister/Wilke, BNotO, 6. Aufl. 2024, § 39 Rn 38) Nur bei Vorliegen beachtlicher Gründe, etwa bei der Wahrnehmung von Parlamentsmandaten oder von Ehrenämtern in Berufsorganisationen, im Falle einer Erkrankung oder wegen Betreuung bzw. Pflege von Angehörigen, ist eine Grundlage für die Bestellung eines ständigen Vertreters anzunehmen. (Frenz/Miermeister/Wilke, BNotO, 6. Aufl. 2024, § 39 Rn 38 f.; vgl. auch die Aufzählung in Ziffern 4.4.1.2 und 4.4.1.3 VwV Notarwesen Baden-Württemberg)
Aus Sicht des Notarassessors ist die Übernahme einer ständigen Vertretung eine gute Gelegenheit, um intensive praktische Erfahrungen im Rahmen des Beurkundungsverfahrens und darüber hinaus zu sammeln.
Fazit
Durch die Übernahme von Notarvertretungen im Rahmen des notariellen Anwärterdienstes übernehmen Notarassessoren eine Aufgabe, die von großer Bedeutung für die Funktionsfähigkeit des Notariatswesens ist. Hiermit korrespondiert das hohe Maß an Verantwortung, das die Vertretung – unabhängig von ihrer konkreten Ausgestaltung – mit sich bringt. Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, sollte sich der als Notarvertreter bestellte Notarassessor auf die Notarvertretung adäquat vorbereiten, sich um eine reibungsfreie Durchführung der Notarvertretung bemühen und gleichzeitig die Notarvertretung als Chance begreifen, um in der Praxis im Zusammenspiel mit den Beteiligten die vorsorgende Rechtspflege zur Erfüllung zu bringen.
Dieser Beitrag ist ein Auszug aus der Ausgabe 05/25 vom notar – der Monatsschrift für die gesamte notarielle Praxis. Erfahren Sie hier mehr oder entdecken Sie die Zeitschrift in unserer Online-Bibliothek Notarpraxis Wissen.



