Feststellungen über die Geschäftsfähigkeit bei Willenserklärungen

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Grundsätzlich können nur voll geschäftsfähige Personen rechtswirksame Willenserklärungen abgeben. Die volle Geschäftsfähigkeit wird mit der Vollendung des 18. Lebensjahres (Volljährigkeit) erlangt (§ 2 BGB). Bei einigen Geschäften, z.B. zur Annahme eines Schenkungsversprechens, reicht ausnahmsweise die beschränkte Geschäftsfähigkeit (= Vollendung des 7. Lebensjahres). In anderen Fällen wird ein Mindestalter verlangt (z.B. ein notarielles Testament darf durch mündliche Erklärung oder Übergabe einer offenen Schrift errichten, wer das 16. Lebensjahr vollendet hat; seine Einwilligung zur Annahme als Kind kann abgeben, wer 14 Jahre alt ist). Dies ändert indes nichts daran, dass das Vorliegen der vollen Geschäftsfähigkeit der gesetzliche Regelfall ist.

Das Beurkundungsgesetz verpflichtet deshalb den Notar nicht, die „Geschäftsfähigkeit“ festzustellen, sondern die „erforderliche Geschäftsfähigkeit“ (§ 11 Abs. 1 BeurkG). Ist der Notar überzeugt, dass bei einem Beteiligten die für das beurkundete Geschäft erforderliche Geschäftsfähigkeit nicht vorhanden ist, so soll er die Beurkundung ablehnen (§ 11 Abs. 1 S. 1 BeurkG). Bloße Zweifel an der erforderlichen Geschäftsfähigkeit berechtigen ihn dazu nicht. Vielmehr soll er dann protokollieren, aber seine Zweifel in der Niederschrift festhalten (§ 11 Abs. 1 S. 2 BeurkG). Eine derartige Urkunde wird im Rechtsverkehr indes bestenfalls eingeschränkt genutzt werden können.

Ohne besonderen Anlass braucht in der Niederschrift keine Feststellung über die Geschäftsfähigkeit enthalten zu sein. Es gilt die Vermutung, dass ein Erwachsener geschäftsfähig ist.

Verfügung von Todes wegen

Etwas anderes gilt, wenn ein Beteiligter schwer krank ist. Hier ist der Notar gehalten, Feststellungen über die Geschäftsfähigkeit in der Niederschrift zu treffen (§ 11 Abs. 2 BeurkG). Bei Heranwachsenden ist es ratsam, sich über die Volljährigkeit zu vergewissern, bei Minderjährigen sollte man das Geburtsdatum beifügen.

Besonderheiten gelten für die Verfügungen von Todes wegen. Nach § 28 BeurkG soll der Notar in jedem Fall seine Wahrnehmungen über die erforderliche Geschäftsfähigkeit in der Niederschrift vermerken. Bei Verfügungen von Todes wegen und Vollmachten, welche von Kranken erteilt werden, ist besondere Aufmerksamkeit geboten. Die Erklärungen werden von Personen, die im Testament nicht bedacht oder von der Vollmacht beeinträchtigt werden, oft mit der Behauptung angefochten, der Testator oder Vollmachtgeber sei nicht mehr im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte gewesen. Der Notar soll die Beteiligten vor dieser Gefahr möglichst schützen und daher Feststellungen treffen, die über den Satz „der Notar überzeugte sich von der erforderlichen Geschäftsfähigkeit des Erblassers“ hinausgehen. Oft kann ein Attest des behandelnden Arztes beigebracht werden, welches der Nebenakte oder ggf. auch dem Testament beigefügt wird. Wenn der Beteiligte es erlaubt, kann der Notar auch selbst mit dem Arzt sprechen und dessen Auskunft in der Niederschrift vermerken.

Ein Auszug aus dem Buch Faßbender (Hrsg.) Notariatskunde, 21. Auflage, 2025, S. 156 – 157.

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