Gründung der UG (haftungsbeschränkt) mit Musterprotokoll: Zweifelsfragen in der Praxis

Der Gesetzgeber hatte noch rechtzeitig erkannt, dass die im RegE vorgesehene Mustersatzung mit Mustergründung und Musterhandelsregisteranmeldung für die Praxis nicht nur untauglich (Krit. dazu insb. die Stellungnahme des Bundesrates, abgedr. bei Goette, Einführung in das neue GmbH-Recht, S. 152–154; Heckschen, DStR 2007, 1442), sondern mit ganz erheblichen Nachteilen verbunden ist. Er entschied sich für einen Kompromiss mit einem klassischen Gründungsverfahren und einer zusätzlichen vereinfachten Gründungsvariante (Zum Musterprotokoll vgl. u.a.: Wicke, NotBZ 2009, 1, 8 ff.; Tebben, RNotZ 2008, 441, 444; Wälzholz, GmbHR 2008, 841; Römermann, GmbHR-Sonderheft 10/2008, 16; Böhringer, BWNotZ 2008, 104; Heckschen, DStR 2009, 166; Wachter, GmbHR-Sonderheft 10/2008, 25, 27 ff.; Heckschen, Das MoMiG in der notariellen Praxis, Rn 276; Lohr, GmbH-StB 2008, 371).

Entscheidend ist, dass er beim Musterprotokoll am Notar als zentrale Stelle zur Vorbereitung des Gründungsverfahrens, zur Beratung der Beteiligten und als Mittler zum Handelsregister festhält. Damit ist ein Großteil der Schwächen des im RegE vorgesehenen Verfahrens beseitigt, ohne dass erkennbar würde, aus welchen Gründen ein Musterprotokoll überhaupt erforderlich ist.

Das Musterprotokoll enthält verschiedene Dokumente des klassischen Gründungsverfahrens in einer einzigen Urkunde (Vgl. ausführlich Heckschen, Das MoMiG in der notariellen Praxis, Rn 280 ff.):

  • Gründungsurkunde,
  • Satzung,
  • Liste der Gesellschafter,
  • Bestellung des Geschäftsführers.

Probleme bei der Verwendung des Musterprotokolls bei der Gründung einer UG (haftungsbeschränkt) im Einzelnen

a) Rubrum/Gründer

Zum Rubrum wird wie auch zu den weiteren Passagen des Protokolls von den Handelsregisterrichtern vertreten, dass jedwede Abweichung („er“, „sie“ etc.) unzulässig ist. Diese strenge Auff. findet zumindest dort ihre Grenzen, wo der Notar beurkundungsverfahrensrechtlich Belehrungen aufnehmen soll oder muss (Heckschen, Das MoMiG in der notariellen Praxis, Rn 302 ff.). Dies betrifft bspw. den Ort der Beurkundung und den Umstand, wie sich die Beteiligten identifiziert haben.

Darüber hinaus wird auch vertreten, aus dem Mustertext und der Anmerkung 1 folge, dass an der Gründung nur natürliche oder juristische Personen teilnehmen können, somit die UG (haftungsbeschränkt) nicht im Wege des Musterprotokolls durch eine GbR oder eine Personenhandelsgesellschaft gegründet werden könne (Vgl. z.B. Noack, DB 2007, 1395, 1398; einschränkend auf im Handelsregister oder Partnerschaftsregister eingetragene Gesellschaften Wälzholz, GmbHR 2008, 841, 842). Dies überzeugt indes nicht. Allein aus der Anmerkung 1 zum Musterprotokoll einen regulatorischen Charakter abzuleiten, lässt sich weder aus der Gesetzgebungsgeschichte zum Musterprotokoll noch aus der Stellungnahme des Rechtsausschusses, der die Aufnahme des Musterprotokolls in notarieller Form durchgesetzt hat, herleiten. Auch die besonderen Schwierigkeiten, die der Nachweis der Vertretungsbefugnis bei Personenhandelsgesellschaften auslösen kann, rechtfertigen dies nicht. Dann hätte es nämlich nahegelegen, auch juristische Personen (insb. solche ausländischen Rechts) von der Verwendung des Musterprotokolls auszuschließen (Vgl. dazu ausführlich Heckschen, Das MoMiG in der notariellen Praxis, Rn 292 f.; tendenziell a.A. Wachter, GmbHR-Sonderheft 10/2008, 5, 15).

Darüber hinaus sind zwingend erforderliche Hinweise des Notars bei der Beteiligung von der deutschen Sprache nicht mächtigen Gründern, behinderten Personen etc. ebenso erforderlich und zulässig wie im Bereich des Anwaltsnotariats der Vorbefassungsvermerk (Vgl. dazu ausführlich Heckschen, Das MoMiG in der notariellen Praxis, Rn 302 ff.).

Die Gründung kann durch max. drei Gründer erfolgen. Hinsichtlich der Begrenzung auf die Zahl von drei Gründern ist eine formale Betrachtungsweise anzulegen. Übernimmt bspw. einer der drei Gründer einen Anteil treuhänderisch für mehrere Treuhänder, so bleibt es dabei, dass es sich formal nur um drei Gründer handelt (Die Begründung von Treuhandverhältnissen ist i.Ü. bei der Verwendung des Musterprotokolls nicht ausgeschlossen). Diese Begrenzung kann dadurch umgangen werden, dass man aufschiebend bedingt auf den Zeitpunkt der Eintragung der Gesellschaft unter Verwendung des Musterprotokolls eine vierte Person als weiteren Gesellschafter hinzutreten lässt (Vgl. a. die Darstellung bei Miras, Die neue Unternehmergesellschaft, Rn 267 ff. sowie krit. dazu Römermann, GmbHR-Sonderheft 10/2008, 16, 17).

b) Nr. 1 des Musterprotokolls – Firma und Sitz

Die Handelsregister beanstanden, wenn die Notare bei der Gründung einer UG (haftungsbeschränkt) unter Nr. 1 die gegründete Gesellschaft als „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ bezeichnen und nicht als Gesellschaft mit beschränkter Haftung wie es der Mustertext vorsieht. Der Gesetzgeber hat offensichtlich die Verwendung des Oberbegriffs „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ sowohl für die GmbH als auch für die UG (haftungsbeschränkt) für zutreffend empfunden, obwohl dies eher verwirrend ist, wenn – wie im Regelfall – nicht eine GmbH, sondern eine UG (haftungsbeschränkt) mit dem Musterprotokoll gegründet wird.

Es ist allgemein anerkannt, dass für die Firma der UG (haftungsbeschränkt) als Sonderform der GmbH dieselben Grundsätze wie für die GmbH gelten. Gem. dem LG Düsseldorf kommt eine persönliche Haftung des geschäftsführenden Gesellschafter-Geschäftsführers bei Weglassung des Zusatzes „haftungsbeschränkt“ auch nur dann in Betracht, wenn ein konkretes Vertrauensverhältnis enttäuscht wurde (LG Düsseldorf, 16.10.2013 – 9 O 434/12, NZG 2014, 823).

Die UG (haftungsbeschränkt) ist bei der Wahl des Satzungssitzes ebenso wie die GmbH auf das Inland beschränkt. § 4a GmbHG gilt auch nach einer förmlichen Verlegung des Satzungssitzes (KG, 25.7.2011 – 25 W 33/11, GmbHR 2011, 1104). Sie hat aber ebenfalls die Option, den Verwaltungssitz im Ausland zu wählen, wenn man mit der h.M. der Auff. ist, dass allein aus der Regierungsbegründung heraus eindeutig wird, dass jedenfalls insoweit die Gründungstheorie keine Anwendung findet, weil der Gesetzgeber hier eine kollisionsrechtliche Regelung getroffen habe (Vgl. hierzu Franz, BB 2009, 1250, 1251 f.). Es ist darauf hinzuweisen, dass die UG immer dann, wenn sie den Verwaltungssitz abweichend vom Satzungssitz wählt, ebenso wie die GmbH verpflichtet ist, eine Zweigniederlassung am Ort des Verwaltungssitzes entspr. §§ 13 ff. HGB eintragen zu lassen.

c) Nr. 2 des Musterprotokolls – Unternehmensgegenstand

Der Gegenstand des Unternehmens ist im Gegensatz zu den Vorschlägen zur sog. Mustersatzung (Vgl. dazu krit. Heckschen, DStR 2007, 1442) zu konkretisieren und zu individualisieren (Vgl. dazu grundlegend BGH, 3.11.1980 – II ZB 9/79, DNotZ 1981, 299).

Gerade die UG (haftungsbeschränkt) wird aus Kosten- und Liquiditätsgründen vielfach von professionellen Vertreibern von Vorratsgesellschaften als Vertriebsprodukt gewählt und im Rahmen eines Musterprotokolls gegründet. Hier ist darauf zu achten, dass eine sog. offene Vorratsgründung mit einem Unternehmensgegenstand (Verwaltung eigenen Vermögens) erfolgt, die den wahren Unternehmensgegenstand nicht verschleiert (wie bei der verdeckten Vorratsgründung) (Vgl. dazu ausführlich BGH, 16.3.1992 – II ZB 17/91, NJW 1992, 1824 sowie Heckschen/Heidinger/Heckschen/Stelmaszczyk, Die GmbH in der Gestaltungs- und Beratungspraxis, Kap. 4 Rn 182).

d) Nr. 3 des Musterprotokolls – Stammkapital/Geschäftsanteil

Unstreitig ist, dass bei der Verwendung des Musterprotokolls durch den Übernehmer jeweils nur ein Geschäftsanteil übernommen werden kann und der Gründer somit die Flexibilität, die nunmehr § 5 Abs. 2 Satz 2 GmbHG bietet, für sich nicht nutzen kann. Bei der Verwendung des Musterprotokolls zur Gründung einer UG (haftungsbeschränkt) ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass nur eine Volleinzahlung erfolgen kann. Es sei bereits an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass aus der positiven Beantwortung der Frage, ob bei Verwendung des Musterprotokolls § 19 Abs. 4 GmbHG Anwendung findet, keine zwingenden Rückschlüsse daraus gezogen werden können, dass dies der UG (haftungsbeschränkt) ebenfalls hilft.

Hinsichtlich des sog. Hin- und Herzahlens handelt es sich sicherlich nicht um eine einfache Gründungsvariante, sondern um ein insb. unter Berücksichtigung der Änderungen, die der Rechtsausschuss in § 19 Abs. 5 GmbHG zu Recht hat einfügen lassen, äußerst kompliziertes, fehlerträchtiges und in Einzelfragen auch umstrittenes Gründungsverfahren. Dies spricht dagegen, dass es bei der Verwendung des Musterprotokolls zulässig ist.

Allerdings dürfte aber entscheidend sein, dass der Gesetzgeber das Hin- und Herzahlen in § 19 Abs. 5 GmbHG unter den dort genannten Voraussetzungen einer Bargründung gleichstellt. Mit Rücksicht darauf dürfte das Hin- und Herzahlen auch bei der Verwendung des Musterprotokolls zulässig sein (HCL/Ulmer/Löbbe, GmbHG, § 2 Rn 113. Vgl. a. Römermann, GmbHR-Sonderheft 10/2008, 16, 21 sowie Heckschen, Das MoMiG in der notariellen Praxis, Rn 328 ff.).

Bei der Abtretung eines Geschäftsanteils an einer mit Musterprotokoll gegründeten UG (haftungsbeschränkt) wird die Einreichung einer gesonderten Gesellschafterliste i.S.d. § 40 GmbHG erforderlich (So ausdrücklich bei Kapitalerhöhungen: OLG München, 29.10.2009 – 31 Wx 124/09, DNotZ 2010, 155; DNotI-Report 2012, 61). Die Gesellschafterangaben in Nr. 3 des Musterprotokolls – in ihrer Doppelfunktion als Gesellschafterlistenfiktion und echte Satzungsbestandteile (da zwingende Angaben i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG) – können bei Satzungsänderung nach Eintragung der Gesellschaft grds. entfallen, müssen dies jedoch nicht. D.h. es ist möglich die überholten Satzungsbestandteile (Altgesellschafter) beizubehalten, wenn zusätzlich eine gesonderte Gesellschafterliste eingereicht wird (Vgl. DNotI-Report 2012, 61).

e) Nr. 4 des Musterprotokolls – Geschäftsführerbestellung

Unter Nr. 4 des Musterprotokolls ist die Geschäftsführerbestellung vorgesehen. Hier kann nur eine einzige natürliche Person bestellt werden.

Der Gesetzgeber lässt nicht ansatzweise erkennen, wie diese Geschäftsführerbestellung dogmatisch einzuordnen ist. Nach h.M. handelt es sich hierbei um einen unechten Satzungsbestandteil. Weder soll dem Erstgeschäftsführer ein Sonderrecht zur Geschäftsführung eingeräumt werden, noch erfordern spätere Veränderungen der Geschäftsführung eine Satzungsänderung (Altmeppen, GmbHG, § 2 Rn 74. Vgl. a. Heckschen, DStR 2009, 166, 167).

Das Musterprotokoll enthält keine Vertretungsregelung, weshalb die gesetzliche Regelung des § 35 Abs. 2 Satz 1 GmbHG gilt. Der bei der Gründung bestellte Geschäftsführer ist damit als Alleingeschäftsführer (zunächst) einzelvertretungsberechtigt, verliert die Einzelvertretungsberechtigung aber, sobald ein weiterer Geschäftsführer bestellt wird (MüKo-GmbHG/Heinze, § 2 Rn 298; ausführl. Heckschen, GmbHR 2018, 1093).

Wird bei der Anmeldung angegeben, der Geschäftsführer sei einzelvertretungsberechtigt, handelt es sich um eine Abweichung vom Musterprotokoll, die eine Eintragung im vereinfachten Verfahren hindert (OLG Düsseldorf, 12.7.2011 – I-3 Wx 75/11, DStR 2011, 2106; OLG Celle, 26.1.2011 – 9 W 12/11, GmbHR 2011, 305; OLG Hamm, 14.4.2011 – I-15 Wx 499/10, NZG 2011, 705; OLG Hamm, 15.10.2009 – I-15 Wx 208/09, NZG 2009, 1431; Krafka/Kühn, Rn 941c; Wicke, NotBZ 2009, 1, 9; Weigl, notar 2008, 378, 380; Klutzny, NotBZ 2009, 255, 257; Seebach, RNotZ 2013, 261, 279).

Nr. 4 Satz 2 des Musterprotokolls sieht vor, dass der Geschäftsführer von § 181 BGB befreit ist. Hiervon kann im vereinfachten Verfahren nicht abgewichen werden. Diese Regelung gilt nach zutreffender Auffassung für den konkreten, im Musterprotokoll bestellten Geschäftsführer und unterliegt keiner zeitlichen Begrenzung, gilt also auch dann fort, wenn ein weiterer Geschäftsführer bestellt wird (MüKo-GmbHG/Heinze, § 2 Rn 301; OLG Bremen, 15.9.2009 – 2 W 61/09, GmbHR 2009, 1210; OLG Hamm, 15.10.2009 – I-15 Wx 208/09, GmbHR 2009, 1334. Zu Gegenauffassungen und dem Diskussionsstand unmittelbar nach Inkrafttreten des MoMiG s. die Nachweise in der Voraufl. sowie DNotI-Gutachten, Nr. 90975 v. 04/2009).

Die zwingend vorgesehene Bestellung eines von § 181 BGB befreiten Geschäftsführers birgt sicherlich bei der Gründung einer UG (haftungsbeschränkt) durch einen Gesellschafter, der zugleich Geschäftsführer wird, keine Probleme. Anders verhält es sich jedoch dann, wenn ein Fremdgeschäftsführer ausgewählt werden soll oder aber es sich nur um einen der Gesellschafter handelt. In diesen Fällen empfiehlt sich die Verwendung des Musterprotokolls nicht. Letztlich erscheint es auch insoweit zulässig, dass die Gesellschafter aufschiebend bedingt mit der Eintragung der Gesellschaft einen oder mehrere weitere Geschäftsführer bestellen, für die dann jeweils im Rahmen der Bestellung über die Befreiung von § 181 BGB entschieden werden muss. Es empfiehlt sich, bei der Ernennung weiterer Geschäftsführer nach Eintragung der UG (haftungsbeschränkt), die unter Verwendung des Musterprotokolls gegründet wurde, sogleich eine neue Satzung mit einer Vertretungsregelung zu beschließen, die den Gesellschaftern alle Optionen offen hält.

f) Nr. 5 des Musterprotokolls – Gründungskosten

Die Gesellschaft trägt nach der Regelung des Musterprotokolls die Kosten ihrer Gründung bis max. 300,00 EUR bzw. – soweit das Stammkapital niedriger ist – bis zur Höhe des Stammkapitals selbst. Wird die UG (haftungsbeschränkt) unter Hinzuziehung externer Berater gegründet, so sind 300,00 EUR nie ausreichend, um die Gründungskosten abzudecken. In diesen Fällen trägt dann die weiteren Kosten der bzw. die Gründer.

Für die UG (haftungsbeschränkt) liegt aber darüber hinaus in der Übernahme der Gründungskosten, selbst wenn das Stammkapital nicht nur 1,00 EUR, sondern 200,00 EUR oder 300,00 EUR beträgt, ein hohes Risiko, da sich auch bei der Verwendung des Musterprotokolls Gerichts-, Notar-, Veröffentlichungs- und in aller Regel auch weitere Gründungskosten ergeben, die sehr schnell dazu führen können, dass die Gesellschaft in die Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung gerät. In der Praxis wird mit Rücksicht darauf und mit Hinblick auf das Ziel, die Gründungskosten bei der GmbH steuerlich geltend zu machen, bei der UG (haftungsbeschränkt) nie ein Stammkapital von unter 300,00 EUR, regelmäßig sogar ein höheres Stammkapital empfehlenswert sein (Wicke, GmbHR 2018, 1105 empfiehlt ein Stammkapital mindestens 500,00 EUR).

Das KG hat festgestellt, eine Entsprechung von Gründungsaufwand und Stammkapital (im konkreten Fall 1.000 EUR) im Rahmen des ordentlichen Gründungsverfahrens begründe keine Verletzung der auf die UG entspr. anwendbaren Gläubigerschutzvorschrift des § 26 Abs. 2 AktG, da durch die Deckelung der Gründungskosten auf die Höhe des Stammkapitals verhindert wird, dass die UG (haftungsbeschränkt) allein aufgrund des Gründungsaufwandes bilanziell überschuldet ist (KG, 31.7.2015 – 22 W 67/14, NZG 2015, 1160 = GmbHR 2015, 1158). Der hier vertretenen Auff. des KG sollte in der Praxis jedoch mit Zurückhaltung begegnet werden (Das OLG Celle geht offenbar davon aus, dass eine UG (haftungsbeschränkt) unabhängig von der Höhe des gewählten Stammkapitals keinesfalls Gründungskosten von mehr als 300,00 EUR tragen dürfe, 22.10.2014 – 9 W 124/14, GmbHR 2015, 139 m. insoweit krit. Anm. Wachter).

Die aktienrechtliche Sperrfrist des § 26 Abs. 5 AktG für Änderungen der Festsetzungen zum Gründungsaufwand gilt entspr. für die GmbH und folglich auch für die in Form der im vereinfachten Verfahren gegründeten Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) (OLG München, 6.10.2010 – 31 Wx 143/10, RNotZ 2011, 54). Das Änderungsverbot innerhalb dieser Sperrfrist von 30 Jahren steht rein sprachlich-redaktionellen Änderungen, die im Zuge der Ersetzung des Musterprotokolls durch eine neue Satzung vorgenommen werden, nicht entgegen (OLG München, 6.10.2010 – 31 Wx 143/10, RNotZ 2011, 54).

g) Nr. 6 des Musterprotokolls – Abschriften

Das Musterprotokoll legt auch fest, wie viele Ausfertigungen etc. zu versenden sind, wobei es entgegen der steuerlichen Vorgaben für das Finanzamt (§ 54 Abs. 1 Satz 1 EStDV) nur eine einfache und keine beglaubigte Abschrift vorsieht. Der beurkundende Notar darf aber weiterhin eine beglaubigte Abschrift übersenden (arg. § 51 Abs. 4 BeurkG) (Seebach, RNotZ 2013, 261, 270; Altmeppen, GmbHG, § 2 Rn 84).

h) Nr. 7 des Musterprotokolls – Hinweise des Notars

Letztlich erlaubt das Musterprotokoll dem Notar, den Beteiligten Hinweise zu geben. Die Praxis zeigt, dass diese gerade bei der Gründung einer UG (haftungsbeschränkt) von besonderer Bedeutung sind (Vgl. dazu Musterformulierungen bei Heckschen/Heidinger/Heckschen, Die GmbH in der Gestaltungs- und Beratungspraxis, Kap. 5 Rn 36).

Den Gründern ist zu verdeutlichen, dass das gesamte System der Haftung bei der Vorgründungs-, Vor-GmbH, die Differenzhaftung nach Eintragung der GmbH für die UG (haftungsbeschränkt) ohne Abstriche gilt. Nicht selten haben auch die UG (haftungsbeschränkt)-Gründer zuvor schon Aktivitäten entwickelt und es ist für sie völlig überraschend, dass Verbindlichkeiten und Vermögenswerte aus dieser Vorgründungsphase nicht auf die UG (haftungsbeschränkt) übergehen (Vgl. ausführlich zur Haftung in den einzelnen Stadien des Gründungsverfahrens sowie zur Haftung nach Eintragung der Gesellschaft Heckschen/Heidinger/Heidinger/Knaier, Die GmbH in der Gestaltungs- und Beratungspraxis, Kap. 3 Rn 24 ff.).

Auch das Thema der Voreinzahlung sollte angesprochen werden (Vgl. dazu ausführlich Heckschen/Heidinger/Berkefeld, Die GmbH in der Gestaltungs- und Beratungspraxis, Kap. 11 Rn 9 ff.).

Im Übrigen lässt das gesetzliche Musterprotokoll auch keinen Raum für eine notarielle Vollmacht, was in der Praxis dazu führt, dass jegliche Änderung im Gründungsverfahren der wiederholten unmittelbaren Mitwirkung der Beteiligten bedarf und so zu Verzögerungen führt.

i)  Abweichungen vom gesetzlichen Wortlaut des Musterprotokolls bei der Gründung

Das Verbot abweichender Bestimmungen (§ 2 Abs. 1a Satz 3 GmbHG) umfasst jegliche nicht ausdrücklich vorgesehenen Ergänzungen, Änderungen oder Zusätze zum Musterprotokoll. Ausgenommen sind hiervon lediglich beurkundungsrechtlich gebotene Abweichungen oder rein sprachliche Änderungen ohne Auswirkung auf den Inhalt. Darüber hinausgehende Abweichungen führen nach h.M. zum Verlust der Privilegierung des Musterprotokolls. Es liegt dann eine normale Gründung vor, mit höheren Kosten und der Pflicht, eine gesonderte Gesellschafterliste einzureichen (OLG München, 12.9.2022 – 34 Wx 329/22; OLG Stuttgart, 7.7.2020 – 8 W 188/20; MHLS/Bormann/Stelmaszczyk GmbHG § 2 Rn 100 ff.; MüKo-GmbHG/Heinze GmbHG § 2 Rn 274 ff.).

Änderungen des Musterprotokolls

Die strengen inhaltlichen Vorgaben für das Musterprotokoll bestehen für den Zeitraum von der Gründung bis zur Eintragung. Konsequenterweise darf bis zur Eintragung der nach dem Musterprotokoll gegründeten GmbH oder UG nichts vereinbart werden, was nicht im Musterprotokoll vorgesehen oder erlaubt ist.

Daher ist im Zusammenhang mit der vereinfachten Gründung insb. ausgeschlossen:

  • weitere Geschäftsführer oder Gesellschafter mit abweichenden Vertretungsbefugnissen zu bestellen,
  • weitere Gesellschafter aufzunehmen mit der Folge, dass die GmbH mehr als drei Gesellschafter hat, und
  • sinnvolle Regelungen, z.B. zum Ausschluss, Einziehung und Kündigung, zu Abfindungen, zu Vinkulierungen in das Musterprotokoll aufzunehmen.

Demgegenüber sind Ergänzungen, die bspw. auf Vorgaben des BeurkG beruhen, zulässig (Vgl. Seebach, RNotZ 2013, 261, 272; OLG Düsseldorf, 12.7.2011 – I-3 Wx 75/11, RNotZ 2012, 55, 56; LG Chemnitz, 11.8.2009 – 2 HKT 546/09, NotBZ 2009, 378; Wicke, NotBZ 2009, 1, 8; Heidinger/Blath, ZNotP 2010, 376, 378; DNotI-Report 2009, 57, 58; zu Änderungen des Musterprotokolls vor und nach der Eintragung Heckschen/Heidinger/Knaier, Die GmbH in der Gestaltungs- und Beratungspraxis, Kap. 2 Rn 313 ff.).

Sollten demnach zulässige Änderungen des Musterprotokolls in der Gründungsphase vorgenommen werden, sind diese so zu behandeln wie Änderungen des Gründungsprotokolls im klassischen Gründungsverfahren. Änderungen des Musterprotokolls in der Gründungsphase sind so zu behandeln wie Änderungen des Gründungsprotokolls im klassischen Gründungsverfahren. Es ist die Mitwirkung aller Gründer erforderlich und es muss wiederum, wenn man i.R.d. Kostenprivilegierung des § 105 Abs. 6 GNotKG verbleiben will, der enge Rahmen der gesetzlichen Vorgaben gem. § 2 Abs. 1a GmbHG i.V.m. dem Musterprotokoll eingehalten werden. Für Änderungen in der Gründungsphase hält § 105 Abs. 6 GNotKG ohne jeden Zweifel eine weitere Kostenprivilegierung bereit.

Unklar ist, ob auch nach Eintragung der UG (haftungsbeschränkt), die unter Verwendung des Musterprotokolls gegründet wurde, Änderungen mit der Kostenprivilegierung des § 105 Abs. 6 GNotKG abzurechnen sind und wie diese Änderungen verfahrenstechnisch vorzunehmen sind, insb. wie eine Satzungsbescheinigung nach § 54 GmbHG auszusehen hat. Unstreitig ist, dass allenfalls solche Änderungen privilegiert sein können, die sich i.R.d. Vorgaben des Musterprotokolls halten, wie z.B. die Änderung der Firma, des Unternehmensgegenstandes.

Bei allen Änderungen des Musterprotokolls nach Eintragung der Gesellschaft dürfte nach hier vertretener Auff. eine Anwendung des § 105 Abs. 6 GNotKG ausscheiden, obwohl dies in der Lit. (Noch zu § 41d KostO: vgl. Wälzholz, GmbHR 2008, 841, 843; ausführlich dazu Heckschen, Das MoMiG in der notariellen Praxis, Rn 314 ff.) teilweise anders gesehen wird. Der Gründer einer UG (haftungsbeschränkt) muss sich vor Augen führen, dass auch die unklare Rechtslage zur Änderung nach der Eintragung, insb. im Hinblick auf die Geschäftsführerbestellung, Abwicklungsschwierigkeiten und auch Mehrkosten für die Beteiligten auslösen kann.

Die Verwendung eines Musterprotokolls für die Gründung einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) mit mehreren Gesellschaftern stellt in der Regel einen Beratungsfehler dar und sollte vermieden werden. Das Musterprotokoll enthält für zentrale Fragen hier keine Regelung:

  • Anteilsveräußerung/Vinkulierung/Vorkaufs- bzw. Ankaufsrecht,
  • Regelung zur Einziehung und Zwangsabtretung
  • Todesfall
  • Wettbewerb
  • Geschäftsführung/Vertretung/Option zur Einzelvertretung und Befreiung nach § 181 BGB
  • Konfliktlösung für Pattsituationen.

Ein Auszug aus dem Buch Wachter/Heckschen (Hrsg.) Praxis des Handels- und Gesellschaftsrechts, 6. Auflage, 2024, §10 Rn 541-551

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