Haftung bei der Vor-GmbH

Hinsichtlich der Haftungsverhältnisse bei der Vor-GmbH ist zu unterscheiden zwischen der Haftung der Vor-GmbH selbst, der persönlichen Haftung der Gründer für die Geschäfte der gescheiterten Vor-GmbH, der Haftung der Handelnden gem. § 11 Abs. 2 GmbHG und letztendlich der sog. Differenz- oder Unterbilanzhaftung der Gründer nach Eintragung der GmbH in das Handelsregister. Die persönliche Haftung der Gründer wird von der Rspr. differenziert behandelt, je nachdem, ob es zur Eintragung kommt oder diese scheitert.

(1)  Unterbilanzhaftung/Vorbelastungshaftung

Für die Geschäfte aus der Zeit der Vor-GmbH trifft die Gründer, wenn es zur Eintragung der GmbH kommt, die sog. Unterbilanzhaftung/Vorbelastungshaftung (BGH, 9.3.1981 – II ZR 54/80, BGHZ 80, 129, dort Differenzhaftung genannt.), die das frühere Vorbelastungsverbot ablöst.

Die Vor-GmbH kann also schon über das eingezahlte Stammkapital verfügen und Verbindlichkeiten eingehen, die letztlich wie die Aktiva mit der Entstehung der GmbH durch die Handelsregistereintragung auf die GmbH übergehen.

Die Stammkapitalziffer muss im Zeitpunkt der Eintragung durch das vorhandene Vermögen der Gesellschaft gedeckt sein. Dies erfasst auch evtl. schon vor der gesellschaftsvertraglich vereinbarten Fälligkeit geleistete Resteinlagebeträge (BGH, 24.10.1988 – II ZR 176/88, BGHZ 105, 300 unter Aufgabe der gegenteiligen Rspr. vgl. BGH, 9.3.1981 – II ZR 54/80, BGHZ 80, 129, 137).

Eine vorhandene Unterbilanz (Aktiva – echte Passiva < Stammkapital) und sogar eine eventuelle Überschuldung (Aktiva – echte Passiva < 0) zum Zeitpunkt der Eintragung der GmbH im Handelsregister muss von den Gesellschaftern ausgeglichen werden. Von der Unterbilanzhaftung ausgenommen sind die sog. Gründungskosten, sofern deren Übernahme durch die Gesellschaft in der Satzung vorgesehen ist (Vgl. bspw. BGH, 7.3.1989 – IX ZR 146/88, BB 1989, 871; zur Problematik der Steuerberatungskosten Crezelius, DStR 1987, 743, 748).

In der Vorbelastungsbilanz ist als Vermögensbilanz das Gesellschaftsvermögen grds. mit seinen wirklichen Werten nach Fortführungsgrundsätzen anzusetzen (BGH, 18.3.2002 – II ZR 11/01, DStR 2002, 1538). Ist – ausnahmsweise – durch die Aufnahme der Geschäftstätigkeit durch die Vor-GmbH bereits eine Organisationseinheit entstanden, die als Unternehmen anzusehen ist, das über seine einzelnen Vermögenswerte hinaus einen eigenen Vermögenswert repräsentiert, muss für die Zwecke der Unterbilanzhaftung das Unternehmen im Ganzen nach einer hierfür betriebswirtschaftlich anerkannten Bewertungsmethode bewertet werden (BGH, 16.1.2006 – II ZR 65/04, DStR 2006, 711 m. Anm. Goette; BGH, 18.3.2002 – II ZR 11/01, DStR 2002, 1538; BGH, 9.11.1998 – II ZR 190/97, ZIP 1998, 2151).

Von einem solchen Unternehmen kann – auch bei sog. Start-up-Unternehmen – nur dann die Rede sein, wenn es sich um ein bewertungsfähiges, strukturiertes und in das Marktgeschehen integriertes Unternehmen handelt (BGH, 16.1.2006 – II ZR 65/04, DStR 2006, 711 m. Anm. Goette; dazu Luttermann/Lingl, NZG 2006, 454; Weitemeyer, NZG 2006, 648; krit. Naraschewski, EWiR 2006, 565). Bei negativer Fortbestehensprognose ist das Gesellschaftsvermögen allerdings zu Veräußerungswerten zu bilanzieren (BGH, 29.9.1997 – II ZR 245/96, ZIP 1997, 2008, vgl. dazu auch Hey, GmbHR 2001, 905; Goette, Die GmbH, § 1 Rn 57).

Die Gesellschafter haften proratarisch (entspr. ihrer Beteiligung), unbeschränkt, persönlich und wertmäßig für die Aufbringung des Stammkapitals. Die Vorbelastungshaftung ist vom BGH als Innenhaftung (Anspruch der GmbH gegen die Gesellschafter) konzipiert (BGH, 27.1.1997 – II ZR 123/94, ZIP 1997, 679 a.A. z.B. LSG Baden-Württemberg, 25.7.1997 – L 4 Kr 1317/96, EWiR 1998, 63 (Altmeppen); Wilhelm, in: GS für Knobbe-Keuk, S. 321, 354 ff.).

Die Gläubiger können die entspr. Ansprüche der Gesellschaft gegen die Gesellschafter jedoch pfänden und überweisen lassen. Ein direkter Zugriff der Gläubiger auf die Gesellschafter im Wege der Außenhaftung wurde bisher allgemein bei Vermögenslosigkeit der GmbH (BAG, 27.5.1997 – 9 AZR 483/96, GmbHR 1998, 39; BFH, 7.4.1998 – VII R 82/97, GmbHR 1998, 854) oder im Fall der Einmann-Gesellschaft angenommen (Vgl. OLG Dresden, 26.2.2001 – 2 U 2766/00, NZG 2001, 664, 666 zur Vorgenossenschaft, die Außenhaftung tritt zur Innenhaftung hinzu, noch weiter geht Beuthien, WM 2013, 1485, der eine grds. unmittelbare Außenhaftung der Vorgesellschafter für angemessen hält).

Anders hat für beide Fälle der BGH mit Urt. v. 24.10.2005 entschieden: Der grundlegende Unterschied zwischen der Ausgangssituation bei der Verlustdeckungshaftung und der Unterbilanzhaftung, nämlich dass es nur bei letzterer zur Eintragung kommt, rechtfertige es, das Haftungssystem der Verlustdeckungshaftung nicht vollständig zu übertragen. Vielmehr dürfe nach Eintragung der GmbH das in § 13 Abs. 2 GmbHG wirksam werdende Trennungsprinzip nicht mehr durchbrochen werden; eine persönliche Haftung der Gesellschafter sei damit, auch bei einer Einmann-GmbH oder der Vermögenslosigkeit, ausgeschlossen (BGH, 24.10.2005 – II ZR 55/04, ZIP 2005, 2257; dazu Goette, DStR 2006, 139, 145).

Mit der herrschenden Meinung gehen aber auch hier auch andere Bundesgerichte von einer nur proratarischen Haftung aus (BAG, 4.4.2001 – 10 AZR 305/00, GmbHR 2001, 919; dazu Henze, EWiR 2001, 759; BAG, 25.1.2006 – 10 AZR 238/05, ZIP 2006, 1044; zur fehlenden Haftungsbefreiung durch Befriedigung eines einzelnen Gläubigers über die Quote hinaus: BSG, 8.12.1999 – B 12 KR 10/98 R, DStR 2000, 741). Fällt einer der proratarisch haftenden Gesellschafter aus, greift die subsidiäre Haftung der Mitgesellschafter nach § 24 GmbHG ein.

Der Anspruch aus Unterbilanzhaftung verjährt entspr. § 9 Abs. 2 GmbHG. Die Verjährungsfrist für die Differenzhaftung, Einlageforderungen und Rückzahlungsforderungen hat der Gesetzgeber einheitlich auf zehn Jahre (§§ 9 Abs. 2, 19 Abs. 6, 31 Abs. 5 GmbHG) festgelegt (BGBl 2004 I, S. 3214; Übergangsvorschrift ist Art. 229 § 12 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 3 EGBGB). Einzelne Vorschriften enthalten eine privilegierte Verjährung in fünf Jahren (§§ 31 Abs. 3, 43 Abs. 4 GmbHG).

Problematisch ist häufig die Durchsetzung der Unterbilanzhaftung. Anspruchsteller ist in aller Regel der Insolvenzverwalter, der aber meist keine oder nur unvollständige Geschäftsunterlagen vorfindet. Eine Bilanz auf den Zeitpunkt der Eintragung ist regelmäßig nicht erstellt. Nach den allgemeinen Regeln wäre die Gesellschaft – bzw. bei Insolvenz der Insolvenzverwalter – für das Bestehen von Unterbilanzhaftungsansprüchen darlegungs- und beweispflichtig (BGH, 29.9.1997 – II ZR 245/96, ZIP 1997, 2008 f.; Lutter/Hommelhoff/Bayer, GmbHG, § 11 Rn 50; Noack/Servatius/Haas/Servatius, GmbHG, § 11 Rn 65; Rowedder/Pentz /Wöstmann, GmbHG, § 11 Rn 28).

Den Schwierigkeiten des Insolvenzverwalters hinsichtlich entsprechender Substantiierung begegnet der BGH mit den Grundsätzen über die sekundäre Behauptungslast (BGH, 17.2.2003 – II ZR 281/00, ZIP 2003, 625; vgl. dazu Blöse, ZIP 2003, 1687; so auch schon Altmeppen, GmbHG, § 11 Rn 73; vgl. schon BGH, 29.9.1997 – II ZR 245/96, ZIP 1997, 2008, 2009): Ergeben sich unter den bezeichneten Voraussetzungen aus dem dem Insolvenzverwalter vorliegenden Material hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass das Stammkapital der Gesellschaft schon im Gründungsstadium angegriffen oder verbraucht worden ist oder sogar darüber hinausgehende Verluste entstanden sind, ist es Sache der Gesellschafter darzulegen, dass eine Unterbilanz nicht bestanden hat, wenn weder eine Vorbelastungsbilanz auf den Stichtag erstellt wurde noch geordnete Geschäftsunterlagen existieren.

(2)  Verlustdeckungshaftung

Kommt es nicht zur Eintragung der GmbH, greifen die Grundsätze der eben dargestellten Unterbilanz-(Vorbelastungs-)Haftung grds. nicht, da diese erst mit Eintragung der GmbH entsteht. Um eine eventuelle Haftungslücke in diesem Fall zu schließen, hat der BGH für den Zeitraum vor der Eintragung, auch bei deren Scheitern, die sog. Verlustdeckungshaftung entwickelt, die in der Struktur und dem Umfang der Unterbilanzhaftung entspricht. Damit existiert ein abgestimmtes geschlossenes System der Gründerhaftung. Es sind jedoch wieder verschiedene Unterfälle zu unterscheiden.

(a)  Vor-GmbH ohne Eintragungsabsicht

Wird die GmbH endgültig nicht eingetragen, haften die Gesellschafter persönlich. Hatten die Gründer von Anfang an keine Absicht, die GmbH eintragen zu lassen, bestand von Anfang an nur eine sog. unechte Vor-GmbH, in Wirklichkeit also eine Personengesellschaft.

Auch die Haftung der Gesellschafter richtet sich nach den Regeln der GbR oder OHG (HCL/Ulmer/Habersack, GmbHG, § 11 Rn 26 f.; vgl. dazu schon BGH, 29.11.1956 – II ZR 282/55, BGHZ 22, 240, 243), je nachdem ob ein Handelsgewerbe betrieben wird oder nicht. Das bedeutet eine persönliche und unbeschränkte Außenhaftung der Gesellschafter neben der Haftung der GbR bzw. OHG.

(b) Scheitern der Eintragung

Hat ursprünglich bei der Gründung der GmbH eine Eintragungsabsicht bestanden und ist die Eintragung jedoch gescheitert oder geben die Gesellschafter (FG Mecklenburg-Vorpommern, 9.1.2002 – 1 K 202/00, EFG 2002, 1131: alle Gesellschafter) ihre Eintragungsabsicht auf, haften die Gründungsgesellschafter persönlich, unbeschränkt und proratarisch (entspr. ihrer Beteiligung) (BGH, 25.4.1996 – IX ZR 177/95, BGHZ 134, 333; BGH, 4.3.1996 – II ZR 123/94, ZIP 1996, 590; BAG, 27.5.1997 – 9 AZR 483/96, NJW 1998, 628; für die Vorgenossenschaft BGH, 10.12.2001 – II ZR 89/01, ZIP 2002, 353).

Diese Haftung trifft alle Gesellschafter, die der Geschäftsaufnahme vor Eintragung zugestimmt haben und umfasst sowohl rechtsgeschäftliche Verbindlichkeiten als auch solche aus gesetzlichen Schuldverhältnissen (Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 11 Rn 94). Die subsidiäre Haftung der Mitgesellschafter nach § 24 GmbHG findet auch hier Anwendung (Noack/Servatius/Haas/Servatius, GmbHG, § 11 Rn 25; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 11 Rn 88). Dadurch ist ein Haftungsgleichlauf mit der Unterbilanzhaftung bei Eintragung der GmbH erreicht.

Auch diese Haftung ist als Innenhaftung gegenüber der Vor-GmbH ausgestaltet (Vgl. zur Abtretung der Verlustdeckungsansprüche BGH, 19.3.2001 – II ZR 249/99, ZIP 2001, 789, 790; vgl. zur Haftung auch des Treugebers BGH, 19.3.2001 – II ZR 249/99, NJW 2001, 2092; vehement für Außenhaftung: MHLS/Blath, GmbHG, § 11 Rn 67 m.w.N.; auch Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 11 Rn 91; so auch LSG Baden-Württemberg, 25.7.1997 – L 4 Kr 1317/96, DStR 1998, 177 ff.; LAG Köln, 21.3.1997 – 4 Sa 1288/96, DStR 1998, 178 ff.; kritisch dazu Beuthien, WM 2013, 1485 für eine grds. unmittelbare Außenhaftung der Vorgesellschafter).

Nur bei Vermögenslosigkeit der Vor-GmbH (BAG, 25.1.2006 – 10 AZR 238/05, ZIP 2006, 1044; OLG Stuttgart, 20.9.2000 – 20 U 87/99, NZG 2001, 86; BAG, 15.12.1999 – 10 AZR 165/98, GmbHR 2000, 1041; BAG, 4.4.2001 – 10 AZR 305/00, GmbHR 2001, 919) und der Einmann-Vor-GmbH wird von der Rspr. – anders als bei der Unterbilanzhaftung – eine unmittelbare Außenhaftung der/des Gesellschafter(s) befürwortet (BGH, 19.3.2001 – II ZR 249/99, ZIP 2001, 789, 790; FG Mecklenburg-Vorpommern, 9.1.2002 – 1 K 202/00, EFG 2002, 1131).

Streitig ist in diesen Fällen, ob dann nur proratarisch gehaftet wird (Dafür BSG, 8.12.1999 – B 12 KR 10/98 R, GmbHR 2000, 425; BAG, Urt. v. 22.1.1997 – 10 AZR 908/94, NJW 1997, 3331; dagegen: BAG, 27.5.1997 – 9 AZR 483/96, NJW 1998, 628). Wird ein Insolvenzverfahren mangels Masse abgelehnt, muss das Gleiche gelten (Nachw. bei MHLS/Blath, GmbHG, § 11 Rn 66).

Zur Vermeidung dieser einschneidenden Haftungsfolgen gesteht der BGH den Gesellschaftern für den Fall des Scheiterns der GmbH-Gründung in analoger Anwendung des § 723 Abs. 1 BGB ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund zu. Folge der Kündigung ist die Auflösung der Vorgesellschaft (BGH, 23.10.2006 – II ZR 162/05, ZIP 2006, 2267).

Die Verlustdeckungshaftung wird grds. auch angewandt, wenn die Vor-GmbH in Insolvenz fällt (Die Insolvenzfähigkeit bestätigend BGH, 9.10.2003 – IX ZB 34/03, ZIP 2003, 2123) oder von den Gründern selbst liquidiert wird.

(c)  Fortführung des Geschäfts ohne Eintragung

Hinweis
Bei Fortführung des Geschäfts trotz Aufgabe der Eintragungsabsicht oder Scheitern der Eintragung unterwirft der BGH (BGH, 4.11.2002 – II ZR 204/00, GmbHR 2003, 97; a.A. für unbeschränkte, proratarische Innenhaftung noch OLG Bremen, 8.6.2000 – 5 U 2/2000, ZIP 2000, 2201 als Vorinstanz; krit. zum BGH-Ansatz Peetz, GmbHR 2003, 933) die Gesellschafter für alle Verbindlichkeiten aus dem gesamten Zeitraum der geschäftlichen Tätigkeit, auch aus der Zeit vor dem Scheitern, dem Personengesellschaftsrecht mit der entsprechenden persönlichen Haftung der Gesellschafter (So wohl auch LG Dresden, 16.11.2001 – 8 S 0033/01, EWiR 2002, 285).   

Die Anwendung nur der proratarischen Innenhaftung auf den gesamten Zeitraum auch nach Scheitern der Eintragungsabsicht, bedeutet nach Ansicht des BGH eine Überbewertung der Vor-GmbH. Zudem ist der Zeitpunkt der Aufgabe der Eintragungsabsicht bzw. des Scheiterns der Eintragung in der Praxis kaum feststellbar (Zweifelnd auch BGH, 27.1.1997 – II ZR 123/94, BGHZ 134, 333, 341; zum maßgeblichen Zeitpunkt z.B. Müther, MDR 2001, 366, 369 f.).

Aber auch bei der vom BGH angenommenen Rückwirkung der personengesellschaftsrechtlichen Haftung bleibt das gleiche Abgrenzungsproblem für die Entscheidung, ob überhaupt die Geschäfte ohne Chance auf Eintragung weitergeführt wurden, bestehen (Vgl. z.B. der Fall BAG, 15.12.1999 – 10 AZR 165/98, ZIP 2000, 1546 und dazu Goette, EWiR 2000, 915 f.). Daher nimmt der BGH (BGH, 4.11.2002 – II ZR 2004/00, BGHZ 152, 290; Robrecht, GmbHR 2003, 1121) die unbeschränkte, persönliche und gesamtschuldnerische Außenhaftung der Gesellschafter nach personengesellschaftsrechtlichen Grundsätzen auch dann an, wenn die Vor-GmbH nicht sofort nach dem Scheitern der Eintragung oder der Aufgabe der Eintragungsabsicht die Liquidation (nach GmbH-Recht) durchführt, also auch dann, wenn sie sich lediglich untätig verhält.

Nach Aufgabe der Eintragungsabsicht oder deren Scheitern müssen also die Gesellschafter die Gesellschaft unverzüglich kündigen oder einen Liquidationsbeschluss fassen (Goette, Die GmbH, § 1 Rn 83), um wenigstens eine Beschränkung auf die Verlustdeckungshaftung für die bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen Verbindlichkeiten zu erreichen. Auch wenn ein Gesellschafter keine Kenntnis von der Aufgabe der Eintragungsabsicht oder der Unmöglichkeit der Eintragung hat, haftet er ansonsten weiter und sogar verschärfter als ein Gesellschafter einer Personengesellschaft (OLG Koblenz, 28.11.2000 – 3 U 1562/99, WM 2002, 182; FG Berlin, 29.5.2000 – 5 B 5066/00, GmbH-StB 2000, 269).

Scheidet ein Gesellschafter aus der Vor-GmbH aus, dürfte er grds. nur für diejenigen Schulden haften, die zum Zeitpunkt seines Ausscheidens bestehen und zwar nach dem zu diesem Zeitpunkt anzuwendenden Haftungssystem (Vgl. dazu OLG Düsseldorf, 18.5.1995 – 13 U 86/94, GmbHR 1995, 823, das i.E. die Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters sogar ganz verneinte, da es noch von der inzwischen überholten Vorstellung der Begrenzung der Haftung auf die bereits eingezahlte Bareinlage ausging). Bestand damals noch die Eintragungsabsicht, ist schwer zu vermitteln, dass für ihn bei späterer Aufgabe der Eintragung ohne sein Zutun das für ihn geltende Haftungssystem wechselt.

(3)  Haftungsbeschränkung bei der Vor-GmbH

Nach der noch herrschenden Meinung, die von der grds. eingeschränkten Vertretungsmacht der Geschäftsführer einer Vor-GmbH ausgeht, lässt sich für die Gründer ihre persönliche, unbeschränkte Haftung nur dadurch eingrenzen, dass sie der Geschäftsaufnahme nicht zustimmen. Dies ist bei der Sachgründung unter Einbringung eines lebenden Unternehmens aber nicht praktikabel. Die Versuche der Lit. (Vgl. Cebulla, NZG 2001, 972, 975), rechtsgeschäftlich die Beschränkung der Haftung auf das Vermögen der Vor-GmbH im Gesellschaftsvertrag oder auch durch Individualvereinbarungen mit den einzelnen Gläubigern zu erreichen, erscheinen im Lichte des Innenhaftungskonzeptes der Gründerhaftung und auch der Rspr. zur Haftungsbeschränkung bei der GbR eher fragwürdig (Vgl. insb. BGH, 21.1.2002 – II ZR 2/00, BGHZ 150, 1; BGH, 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341). Ließe man dies zu, hätte man das Haftungskonzept der GmbH schon vor ihrer Eintragung realisiert.

(4)  Handelndenhaftung

Drittgläubigern gegenüber haften gem. § 11 Abs. 2 GmbHG diejenigen persönlich, die im Namen der GmbH vor deren Eintragung handeln, soweit sie Organe der GmbH sind oder als solche auftreten (sog. Handelnde). Wird ein Handelnder in Anspruch genommen, kann er von der GmbH grds. Freistellung verlangen (Vgl. dazu BGH, 29.5.1980 – II ZR 225/78, ZIP 1980, 658; Altmeppen, GmbHG, § 11 Rn 128 ff.). Die Handelndenhaftung erlischt mit Eintragung der GmbH.

Ein Auszug aus dem Buch Wachter/Heckschen (Hrsg.) Praxis des Handels- und Gesellschaftsrechts, 6. Auflage, 2024, §10 Rn 39-51

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