In der Reihe „Arbeitshilfen Notariat“ neu erschienen ist der Band „Überlassungsverträge in der notariellen Praxis“, verfasst von den Notarkollegen Ulf Schönenberg-Wessel, Stephan Szalai, Anja Uhl sowie dem Rechtsanwalt und Steuerberater Arne Hahner. Das Werk richtet sich an Notarfachangestellte und soll bei der sachgerechten Gestaltung von Überlassungsverträgen behilflich sein. Dies erfolgt zum einen durch Vermittlung von Hintergrundwissen, zum anderen durch konkrete Mustervorschläge.
Einführend stellt Schönenberg-Wessel verschiedene Motive für Überlassungen dar und betont die Bedeutung der Willenserforschung für die sachgerechte Vertragsgestaltung. Aus Sicht des Rezensenten ist dem nachdrücklich zuzustimmen. So lässt ein äußerlich handwerklich einwandfreier Überlassungsvertrag nicht bereits den Schluss zu, dass die mit ihm verfolgten persönlichen und wirtschaftlichen Ziele der Beteiligten auch erreicht werden. Zweifelhaft erscheint indes, ob dies die Empfehlung rechtfertigt, dass der Notar die Motive der lebzeitigen Schenkung in der Urkunde dokumentieren sollte (so aber § 2 Rn 15). Wenn beispielsweise das Motiv der Schenkung darin liegt, das Vertragsobjekt vor Gläubigerzugriff zu schützen, so sollte die Angabe dieses Motivs gleichwohl tunlichst unterbleiben, um die Zielerreichung nicht zu gefährden.
Nach diesen einführenden Überlegungen folgt als Herzstück der Abschnitt § 4 zu vorbehaltenen Rechten und Gegenleistungen. Dieses Kapitel dürfte im Alltag den höchsten praktischen Nutzen für Notarfachangestellte haben, da es zahlreiche durchweg durchdachte und praxistaugliche Musterbausteine enthält. Hilfreich erscheint, dass diese stets für verschiedene Konstellationen (ein Veräußerer, mehrere Veräußerer, Recht für Veräußerer und seinen Ehegatten) ausformuliert sind.
Dies bedingt zwar gewisse Redundanzen, sorgt aber für eine gute Nutzbarkeit der Textbausteine. Praxisgerecht erfolgt zudem eine Konzentration auf Rückforderungs- und Nutzungsrechte, ohne dass weitere denkbare Gegenleistungen außer Betracht gelassen werden. Aus Sicht des bayrischen Notars zumindest verwunderlich erscheint jedoch die Aussage, dass das Leibgeding als „unglückliche und rein historisch begründete Ausnahme von § 47 GBO ein Fall für den Giftschrank“ sei (§ 4 Rn 62). Insoweit werden nicht nur Gebührenvorteile hinsichtlich der Grundbuchkosten übersehen, sondern auch Vorteilen im Rahmen der Zwangsvollstreckung (vgl. § 9 EGZVG) zu wenig Bedeutung beigemessen. Im nachfolgenden Abschnitt § 5 werden nachträgliche Änderungen des Überlassungsvertrages, insbesondere die nachträgliche Vereinbarung eines Kaufpreises und einer Pflegeverpflichtung behandelt. Hier vermisst man ein Eingehen auf die nachträgliche Aufgabe vorbehaltener Rechte, die eine Reihe von Problemen aufwirft und für die daher vielfach die Wahl der Beurkundungsform ratsam erscheint (vgl. Herrler, DNotZ 2019, 493 ff.).
Die anschließenden Kapitel dienen der Vermittlung von Hintergrundwissen und enthalten sehr komprimierte Einführungen zu relevanten Bezügen im Sozial-, Pflichtteils- und Steuerrecht. Mehr als einen ersten Einblick kann und soll eine Arbeitshilfe für Notarfachangestellte bei diesen komplexen Rechtsgebieten nicht bieten. Die entsprechenden Ausführungen sollten daher Mitarbeiter im Notariat nicht dazu verleiten, eigenständig zur Vertragsgestaltung zu beraten. Für Notarfachangestellte von gößerem Nutzen im Alltag dürfte demgegenüber das letzte Kapitel zur Vertragsabwicklung und zur Bewertung sein. Im Zusammenhang mit Stellvertretung und Genehmigung erfolgt der wichtige Hinweis, dass ein Pflichtteilsverzicht gegenüber dem Übergeber seine persönliche Anwesenheit bei der Beurkundung erfordert (vgl. § 8 Rn 3). Gerade das Kapitel zum Vertragsvollzug, mit dem Notarfachangestellte in der Praxis schwerpunktmäßig betraut sein dürften, sollte in einer Folgeauflage jedoch ausgebaut werden. So vermisst man hier beispielsweise Ausführungen zu erforderlichen öffentlich rechtlichen Genehmigungen, etwa nach dem GrdStVG (die nur in § 3 Rn 3 Erwähnung findet) oder nach dem BauGB (§ 144 BauGB).
Auch die Behandlung der Übernahme von Verbindlichkeiten („Schuldhaftentlassung“) oder von Grundpfandrechten („Änderung der Zweckerklärung“) könnte hier erörtert werden. Insgesamt ist das Werk eine hilfreiche Einstiegslektüre, die einen guten Rundumblick zu Überlassungsverträgen beinhaltet und für Notarfachangestellte eine wertvolle Arbeitshilfe bietet.
Notar Dr. Michael Bernauer, Laufen