In der renommierten Notarpraxis-Reihe des Deutschen Notarverlags ist im Mai 2022 die Neuauflage des „Praxishandbuch Testamentsvollstreckung“, des sich an Praktiker richtenden „Arbeitshandbuchs“, erschienen. Die 1. und 2. Auflage des Handbuchs sind noch unter dem vormaligen Titel „Testamentsvollstreckung“ im Springer Gabler Verlag erschienen und hatten damals schon den Anspruch, sich an sämtliche im Bereich der Testamentsvollstreckung tätigen Praktiker und solche, die es werden wollen, zu richten.
Auch diese 2. Auflage findet sich hier in der Handbibliothek, weswegen es eine besondere Freude ist, die nunmehr 3. Auflage rezensieren zu dürfen.
Die drei Herausgeber des Werks – Eberhard Rott (Rechtsanwalt/Fachanwalt für Steuerrecht/Fachanwalt für Erbrecht/Zert. Testamentsvollstrecker [AGT]), Dr. Michael Stephan Kornau (stv. Direktor Private Banking und Generationenmanagement Sparkasse Vest Recklinghausen) sowie Rainer Zimmermann (Dipl.- Betriebswirt/Steuerberater/Wirtschaftsprüfer) – sind mit den Besonderheiten der Testamentsvollstreckung seit Langem bestens vertraut und zeigen dies durch zahlreiche Veröffentlichungs- und Vortragstätigkeiten. Mit der „Arbeitsgemeinschaft Testamentsvollstreckung Vermögenssorge e. V.“ (kurz: AGT) wurde mit Rott als Vorsitzendem eine berufsständische Interessenvertretung als Institution zum Gedanken- und Informationsaustausch ihrer Mitglieder, zur öffentlichen Meinungsbildung sowie zur Fortentwicklung des Rechts der Testamentsvollstreckung geschaffen. Sicherlich auch diesen Gesprächen und Auswertungen ist der deutlich gewachsene Umfang des Werkes geschuldet.
Das Werk befindet sich auf dem Stand von Mai 2022. Dabei sind auch Themen wie der digitale Nachlass und der Datenschutz bereits berücksichtigt.
Das Handbuch ist in 20 Kapitel untergliedert und behandelt alle denkbaren Facetten von den allgemeinen Grundsätzen über sämtliche Aspekte im Verlauf einer aktiven Testamentsvollstreckung bis hin zu Besonderheiten im Bereich von Stiftungen, im unternehmerischen Kontext, mit internationalem Bezug wie auch zur Versorgung Benachteiligter. Dabei werden gerade auch diese komplexen Schnittstellen zum Familien-, Erb-, Gesellschafts- und Steuerrecht praxisnah dargestellt.
Sehr gelungen sind dabei unter anderem auch die Beiträge zum Financial Planning und Estate Planning (§ 5) und zu den Spezialfällen ordnungsgemäßer Verwaltung, so z. B. betreffend Kunst im Nachlass, digitaler Nachlass und Datenschutz (§ 11), die sich ansonsten nicht oder nur sehr stiefmütterlich behandelt finden. Im Hinblick auch auf die Entscheidung des OLG Stuttgart, die neben dem im Werk zitierten Beschluss des OLG Hamm (§ 11 Rn 101, Beschl. v. 10.2.2017 – I-15 W 482/16) dann nunmehr bereits die zweite obergerichtliche Entscheidung in diesem Bereich ist, ist richtigerweise im Grundbuchverfahren der Nachweis der Amtsannahme durch eine öffentlich beglaubigte oder zu Protokoll des Nachlassgerichts erklärte Annahmeerklärung nebst einer gesiegelten Eingangsbestätigung („Entgegennahmeerklärung“) des Nachlassgerichts zu führen. Jedenfalls um die Identität des Erklärenden in registertauglicher Form nachweisen zu können, ist eine privatschriftliche Annahmeerklärung nebst Eingangsbestätigung des Nachlassgerichts nicht ausreichend. Hierauf sollte im Rahmen der Vertragsvorbereitung geachtet werden, um rechtzeitig reagieren und damit Abwicklungsschwierigkeiten vermeiden zu können.
Den Nachlassgerichten sei anheimgestellt, aufgrund der – jedenfalls hier in Baden-Württemberg – gelebten Praxis, im Rahmen der standardisiert versandten Antwortformulare („Ankreuzformulare“) zur Erklärung über die Annahme oder Ablehnung des Amtes doch darauf hinzuweisen, dass eine solche privatschriftliche Erklärung nicht zur Verwendung in Grundbuch- und sonstigen Registerverfahren ausreichend ist, jedenfalls aber nicht ohne weiteren Hinweis eine – für den Laien verwirrende – Eingangsbestätigung zu erteilen.
Die in §§ 21 bis 23 des Werkes aufgenommenen Fallstudien zeigen in der Abfolge der einzelnen Schritte auch für die im Bereich der Testamentsvollstreckung neu einsteigenden Kolleginnen und Kollegen sehr übersichtlich zusammengefasst den Ablauf einer Testamentsvollstreckung auf, den praxisnahen Umgang mit unerwarteten Problemen („vergessener Erbe und vergessenes Vermögen“) sowie bei Streitigkeiten hinsichtlich der tabellenmäßigen Vergütung wie auch zur Auseinandersetzung und erlauben so einen Blick hinter die Kulissen.
Lesenswert sind auch die Ausführungen zu den Gestaltungsalternativen zur Testamentsvollstreckung (§ 3), da es insbesondere in einfach gelagerten Fällen oftmals keinen Sinn macht, eine aufwendige Testamentsvollstreckung zu installieren, wenn mit einfacheren Gestaltungsmöglichkeiten (trans- und postmortale Vollmachten, familien- und gesellschaftsrechtliche Lösungen) ein ähnlicher Erfolg erzielt werden kann. Dieses Kapitel ist daher auch in der täglichen erbrechtlichen Beratung von hoher Relevanz. Insgesamt ist das Handbuch eine wahre Fundgrube mit einer Vielzahl von inspirierenden Beiträgen. Das Werk bietet eine Fülle von Anregungen für neue Gestaltungsansätze und die Fortentwicklung eigener Vertragsmuster, wobei das Werk mit 36 Mustern und Checklisten aufwarten kann, die selbstverständlich auch als bearbeitbare Download-Dateien zur Verfügung stehen. Herausgebern und Autoren ist ein vorzügliches Werk gelungen, das sich in der Notarpraxis-Reihe des Deutschen Notarverlags bestens etablieren wird und einem jeden Praktiker und Berater im Bereich der Nachfolgeregelung uneingeschränkt zur Anschaffung empfohlen werden kann.
Württ. Notariatsassessor/Zert. Testamentsvollstrecker (AGT)/Zert. Verwalter (§ 26a Abs. 1WEG) Andreas Panz, Backnang