Grunderwerbsteuer – Erbschaftssteuer – Ertragsteuer: Eine Handreichung für die NoFa-Praxis

Notare haben gegenüber Gerichten und Behörden stets steuerliche Beistandspflichten / Anzeigepflichten nach §§ 18 ff. GrEStG, § 34 ErbStG iVm §§ 7 f. ErbStDV und § 54 EStDV zu beachten, ohne hierbei gegen § 18 BNotO zu verstoßen. In der notariellen Praxis allerdings, beim Vollzug, müssen insbesondere Notarfachangestellte und Notarfachwirte hiermit umzugehen wissen.

Allgemeines

Gesellschaftsrechtliche, immobilienrechtliche und erbschaftsrechtliche Erwerbsvorgänge können, selbst dann, wenn der anzeigepflichtige Erwerbsvorgang keinen steuerbaren Tatbestand erfüllt oder von der Besteuerung ausgenommen ist, gegenüber dem jeweils zuständigen Finanzamt anzeigepflichtig sein.

Hinweis: Ob es sich im Einzelfall tatsächlich um einen steuerbaren oder einen von der Steuer ausgenommenen Rechtsvorgang handelt, entscheidet allein das zuständige Finanzamt und nicht der Notar!

Mehrfache Anzeigepflichten?

Natürlich kann es auch vorkommen, dass ein und derselbe Rechtsvorgang ggf. mehrere steuerliche Anzeigepflichten auslöst. So z.B. bei:

            Grundstücksschenkungen unter einer Auflage    →  Grunderwerbsteuer Schenkungsteuer  
  Umwandlungen einer personen- oder Kapitalgesellschaft    →  Ertragsteuer ggf. Grunderwerbsteuer
  Kapitalerhöhung oder -herabsetzung    →  Ertragsteuer ggf. Grunderwerbsteuer  
  (Teilweise) unentgeltliche Übertragung von Anteilen an Personen- oder Kapitalgesellschaften    →  Schenkungsteuer Ertragsteuer ggf. Grunderwerbsteuer  
  Entgeltliche Übertragung von Anteilen an Personen- oder Kapitalgesellschaften    →  Ertragsteuer ggf. Grunderwerbsteuer

In Fällen dieser Art ist der entsprechende Rechtsvorgang sodann jedem Finanzamt separat anzuzeigen, sodass ein und derselbe Vorgang eine mehrfache Anzeigepflicht des Notars begründen kann – gar jeder Stelle in diesem Finanzamt gesondert, sollten hierfür mehrere Stellen innerhalb desselben Finanzamts zuständig sein.

Grunderwerbsteuer

Die notarielle Anzeigepflicht betrifft hier gem. §§ 18, 20 21, 22a GrEStG, § 102 Abs. 4 AO alle beurkundeten (auch entworfenen oder unterschriftsbeglaubigten) Rechtvorgänge, die unmittelbar oder mittelbar das Eigentum an einem inländischen Grundstück (auch Erbbaurechte, Gebäude auf fremden Boden und dinglich gesicherte Sondernutzungsrechte) betreffen, einschl. noch nicht vermessener Teilflächen, Miteigentumsanteile, Wohnungseigentum um Teileigentum und Umwandlungsvorgänge, soweit der übertragende Rechtsträger über Grundbesitz verfügt (es sei denn, es handelt sich um formwechselnde Umwandlungen!). Eine Nachforschungsfrist des Notars besteht insoweit i.Ü. nicht; es genügt, wenn er sich bei den Beteiligten insoweit erkundigt und deren Aussage (mögl. in der Urkunde) dokumentiert.

a) Zuständiges Finanzamt

Anzuzeigen ist der Vorgang gem. § 17 Abs. 1 S. 1 GrEStG dem örtlich zuständigen Finanzamt, in dessen Bezirk das Grundstück oder der wertvollste Teil des Grundstücks belegen ist.

In Fällen, in denen sich der Rechtsvorgang auf mehrere Grundstücke bezieht, die in den Bezirken verschiedener Finanzämter belegen sind oder auf ein Grundstück bezieht, das in den Bereichen verschiedener Finanzämter in verschiedenen Ländern belegen ist, ist gem. § 17 Abs. 2 GrEStG örtlich zuständig das Finanzamt, in dessen Bezirk der wertvollste Grundstücksteil, das wertvollste Grundstück oder der wertvollste Bestand an Grundstücksteilen belegen ist.

b) Form und Inhalt der Anzeigen

Sämtliche Anzeigen (Veräußerung und Anteilsübertragung) nebst Anlagen (weitere Grundstücke, Veräußerer oder Erwerber) sind gem. § 18 Abs. 1 S. 1 GrEStG schriftlich (noch nicht elektronisch) unter Beifügung einer einfachen Urkundsabschrift (§ 18 Abs. 1 S. 2 GrEStG) zu erstattet – entsprechende PDF-Dokumente (Veräußerungsanzeige) sind abrufbar auf den Internetseiten der jeweiligen Finanzämter.

Der Anzeigeninhalt ergibt sich abschließend aus § 20 Abs. 1 GrEStG.

Bei mangelhaft ausgefüllten Anzeigen kann sich insb. die Erteilung der Unbedenklichkeitsbescheinigung und damit die Eintragung des Erwerbers ins Grundbuch verzögern!

c) Anzeigefrist

Gem. § 18 Abs. 3 S. 1 GrEStG ist die Anzeige innerhalb von 2 Wochen nach der Beurkundung oder Unterschriftsbeglaubigung zu erstatten; auch, sollte die Wirksamkeit des Rechtsvorgangs vom Eintritt einer Bedingung, vom Ablauf einer Frist oder von einer Genehmigung abhängig sein (der spätere Bedingungseintritt muss dann iÜ nicht mehr angezeigt werden). Selbst dann sollte der Vorgang von der Besteuerung ausgenommen sein.

d) Absendevermerk

Die Absendung der Anzeige ist gem. § 18 Abs. 4 GrEStG auf der Urschrift der Urkunde bzw. in den Fällen der Unterschriftsbeglaubigung auf der zurückbehaltenen beglaubigten Abschrift zu vermerken.

e) Bedeutung der Anzeige

Notare dürfen den Beteiligten eine Urkunde, die einen anzeigepflichtigen Vorgang betreffen, erst aushändigen und Ausfertigungen oder beglaubigte Abschriften erteilen, wenn sie die Anzeigen vollständig an das zuständige Finanzamt abgesandt haben, § 21 GrEStG.

Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer)

Die steuerlichen Anzeigepflichten zur Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) ergeben sich für Notare aus § 34 ErbStG, §§ 7 und 8 ErbStDV und § 102 Abs. 4 AO.

Anzuzeigen sind insoweit insbesondere nachstehende Beurkundungsvorgänge (nicht abschließend):

  • Erbauseinandersetzungen,
  • Schenkungen und Schenkungsversprechen,
  • Zweckzuwendungen
  • Rechtsgeschäfte, die zum Teil oder der Form nach zwar entgeltlich sind, bei denen aber nicht auszuschließen ist, dass es sich auch zumindest zum Teil um eine Schenkung oder Zweckzuwendung handeln könnte,
  • Grundstücksüberlassungsverträge oder die Übertragung sonstiger Vermögensgegenstände zwischen Ehegatten/eingetragenen Lebenspartnern, Eltern und Kindern oder sonstigen Angehörigen,
  • Eheverträge und Lebenspartnerschaftsverträge,
  • vorgezogene Erbregelungen und Geschäfte, die die vorzeitige Befriedigung, den Verzicht oder die Übertragung/Abtretung von Erb- und Pflichtteilsansprüchen, Vermächtnisse oder Anwartschaften auf eine Nacherbfolge zum Gegenstand haben,
  • Zuwendungen unter Ehegatten/Lebenspartnern, wenn als Rechtsgrund auf die Ehe/Partnerschaft Bezug genommen wird,
  • die Beteiligung naher Angehöriger an einem Unternehmen,
  • die Übertragung von GmbH-Anteilen oder anderen Anteilen, insbesondere unter Angehörigen, wenn ein etwaiges Entgelt möglicherweise unter dem Wert des Geschäftsanteils liegt (z.B. im Wege vorweggenommener Erbfolge, als Abfindung für den Verzicht auf Pflichtteilsansprüche oder zur Erfüllung eines Vermächtnisses),

sowie

  • die Bestellung von Grundpfandrechten und deren Abtretung zugunsten naher Angehöriger,

auch, sollte der Vorgang keiner Besteuerung unterliegen.

a) Zuständiges Finanzamt

Alle Anzeigen nach dem Erbschaftsteuer- und Schenkungsgesetz sind an das für die Verwaltung der Erbschaftsteuer zuständige Finanzamt in dessen Bezirk der/die Erblasser oder Schenker, hilfsweise an das Finanzamt, in dessen Bezirk der/die Erwerber ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort hat/hatten zu richten (§ 35 ErbStG).

b) Form und Inhalt der Anzeige

Sämtliche Vorgänge sind dem zuständigen Finanzamt schriftlich, nicht elektronisch, durch Übersendung einer beglaubigten Abschrift der Urkunde anzuzeigen. Beglaubigte Abschriften der in § 7 Abs. 1 ErbStDV genannten Verfügungen und Schriftstücke sowie Urkunden über eine Schenkung oder eine Zweckzuwendung unter Lebenden zusätzlich mit einem Vordruck nach Muster 5 bzw. 6 der ErbStDV (vgl. §§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 ErbStDV).

Mitgeteilt werden müssen hierbei insbesondere, falls nicht bereits aus der Urkunde ersichtlich,

  • der Name, der letzte Wohnsitz, der Sterbeort, der Geburtstag und der Todestag des/der Erblasser,
  • der Name und der Wohnsitz des/der Schenker(s), der/des Erwerber(s) und der sonstigen Beteiligten,
  • das Verwandtschafts- bzw. Schwägerschaftsverhältnis der/des Erwerber(s) zum/zu den Erblasser(n) oder Schenker(n),
  • die Zusammensetzung und der Wert des Nachlasses oder der Zuwendung

sowie

  • der der Kostenrechnung zugrunde liegende Wert.

Bei Erbauseinandersetzungen und Grundstücksüberlassungsverträgen zudem, falls nicht aus der Urkunde ersichtlich, Angaben dazu, auf wessen Namen die den Gegenstand der Auseinandersetzung oder Übertragung bildenden Grundstücke im Grundbuch eingetragen sind und welchen Wert sie im Einzelnen haben.

c) Anzeigefrist

Sämtliche Anzeigen sind unverzüglich nach der Beurkundung oder Unterschriftsbeglaubigung vorzunehmen (§ 8 Abs. 1 S. 4, Abs. 4 ErbStDV); gleich, ob die Wirksamkeit des Erwerbsvorgangs vom Eintritt einer Bedingung, vom Ablauf einer Frist oder von einer Genehmigung abhängt (der spätere Bedingungseintritt muss dann iÜ auch hier nicht mehr angezeigt werden).

d) Absendevermerk

Die Absendung der Anzeige ist mit Vermerk des Absendetages und Angabe des Finanzamts auf der Urschrift der Urkunde zu vermerken (§§ 7 Abs. 1 und 5, 8 Abs. 1 und 4 ErbStDV).

Ertragsteuer

Die steuerlichen Anzeigepflichten der Notare zur Ertragsteuer ergeben sich aus § 54 EStDV.

So sind dem zuständigen Finanzamt (§ 20 AO) alle aufgrund gesetzlicher Vorschrift aufgenommenen oder beglaubigten Urkunden anzuzeigen, die die Gründung, Kapitalerhöhung oder -herabsetzung, Umwandlung oder Auflösung von Kapitalgesellschaften oder die Verfügung über Anteile an Kapitalgesellschaften zum Gegenstand haben (vgl. § 54 Abs. 1 EStDV); so z.B. auch Treuhandvereinbarungen über Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn in diesen Fällen ein Wechsel in der Rechtsinhaberschaft des Anteilseigners stattfindet oder ein solcher Wechsel aufschiebend bedingt wird oder Anmeldungen inländischer Zweigniederlassungen von Kapitalgesellschaften mit Sitz im Ausland (vgl. § 54 Abs. 1 S. 2 EStDV). Anzuzeigen hingegen ist nicht das Angebot eines Verfügungs- oder Verpflichtungsvertrages; wobei die Annahme dann mitgeteilt werden muss, wenn sie zur Wirksamkeit einer Verfügung führt.

a) Zuständiges Finanzamt

Anzuzeigen sind alle Vorgänge, die unter § 54 EStDV fallen, dem Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung oder der Sitz der Kapitalgesellschaft befindet, an der die betreffenden Anteile bestehen.

Im Falle der Verfügung über Anteile an Kapitalgesellschaften durch einen Anteilseigner, der nicht nach § 1 Abs. 1 EstG unbeschränkt steuerpflichtig ist, ist die Anzeige bei dem Finanzamt vorzunehmen, das bei Beendigung einer zuvor bestehenden unbeschränkten Steuerpflicht des Anteilseigners oder bei unentgeltlichem Erwerb dessen Rechtsvorgängers nach § 19 AO für die Besteuerung des Anteilseigners zuständig war.

b) Form und Inhalt der Anzeigen

Dem Finanzamt anzuzeigen sind solche Vorgänge stets formlos durch Übersendung einer beglaubigten Urkundsabschrift (bei GmbH-Gründungen nach Musterprotokoll gem. § 2 Abs. 1a GmbHG iVm Nr. 6 Musterprotokoll eine einfache Abschrift); auf dieser gem. § 54 Abs. 2 S. 2 EStDV vermerkt die Steuernummer, unter der die Kapitalgesellschaft beim Finanzamt geführt wird.

c) Anzeigefrist

Gem. § 54 Abs. 2 S. 1 EStDV ist die Anzeige binnen 2 Wochen, von der Aufnahme oder Beglaubigung der Urkunde an, zu erstatten; gleich, ob der Beurkundungsvorgang sofort wirksam oder vom Eintritt einer Bedingung der Erteilung einer Genehmigung abhängig ist (der spätere Bedingungseintritt muss dann schließlich auch hier nicht mehr angezeigt werden).

d) Absendevermerk

Gem. § 54 Abs. 2 S. 3 EStDV ist die Absendung der Anzeige stets auf der zurückbehaltenen Urschrift der Urkunde bzw. auf einer zurückbehaltenen Abschrift zu vermerken.

e) Bedeutung der Anzeige

Auch hier dürfen Notare den Beteiligten die Urschrift, eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der Urkunde erst dann aushändigen, wenn die Abschrift der Urkunde an das Finanzamt abgesandt worden ist, § 54 Abs. 3 EStDV.

Frank Amshove ist Notariatsleiter Struktur I Organisation I Ausbildung in der deutschen, international tätigen Wirtschaftskanzlei Luther Rechtsanwaltsgesellschaft am Standort Essen und daneben langjähriger Dozent zu zwangsvollstreckungsrechtlichen Themen bei Zorn-Seminare.