Schenkungsverträge – Teil 1: Schenkungssteuer

Alle Notarinnen und Notare beurkunden regelmäßig Verträge, die eine Schenkung (§ 516 BGB) zum Inhalt hat. Sie haben somit eine große wirtschaftliche Bedeutung in ihrem Arbeitsalltag.

Bei einer Schenkung wird Vermögen unter Lebenden übertragen. Eine sog. Handschenkung, bei der z. B. ein Geldbetrag / Gegenstand geschenkt wird, bedarf nicht der Schriftform. Soll jedoch eine Immobilie geschenkt werden, unterliegt die Vereinbarung (zweiseitiges Rechtsgeschäft) der notariellen Beurkundung (§ 518 Abs. 1 BGB). In Schenkungsverträgen, die auch als Überlassungs- oder Übergabeverträge bezeichnet werden, wird der Schenker auch Überlasser / Übergeber und der Beschenkte Übernehmer genannt.

In der notariellen Praxis erfolgen Schenkungen i.d.R.

  • unentgeltlich mit und ohne Auflage/n (§§ 525 – 527 BGB). Eine Auflage verpflichtet den Beschenkten, bestimmte Handlungen vorzunehmen bzw. zu dulden. → Vollschenkung.
  • teils unentgeltlich / entgeltlich, was bedeutet, dass der Beschenkte eine Gegenleistung, die jedoch geringer als der Schenkungsgegenstand ist, zu erbringen hat → gemischte Schenkung.

Konkret geht es bei Schenkungsverträgen in der Praxis häufig darum,

  • den/m (gesetzlichen) Erben zu Lebzeiten des Schenkers Vermögen zu übergeben, das diese/r ohnehin bei Eintritt des Erbfalls erhalten wird → Schenkung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge.
  • dem Ehegatten Vermögenswerte zur Ausgestaltung / Sicherung der ehelichen Lebens-gemeinschaft zu übertragen bzw. das Vermögen auf beide Ehegatten zu verteilen → ehebedingte Zuwendung.

Der Notar spielt bei der Vorbereitung von Schenkungsverträgen eine wichtige Rolle. Er hat mit großer Aufmerksamkeit und Umsicht festzustellen, welche Ziele beide Vertragsparteien verfolgen, um sie bestmöglich zu beraten, über die rechtlichen Konsequenzen aufzuklären, das vereinbarte Ergebnis in die Schenkungsurkunde einfließen zu lassen oder aber von der (lebzeitlichen) Übertragung abzuraten.

Gegenstand einer Schenkung kann Verschiedenes sein, in der notariellen Praxis stehen jedoch Immobilien im Vordergrund. Weitere Schenkungsgegenstände können Handelsgeschäfte, Gewerbebetriebe, Gesellschaftsanteile aber auch Land- und Forstwirtschaftliche Betriebe (mit Hofstelle) sein, die je nach Kanzlei mehr oder weniger anfallen.

Lebzeitliche Schenkungen werden aus vielerlei Gründen vorgenommen u.a., weil Streit bei Eintritt des Erbfalls innerhalb der Familie vermieden oder die Kinder unterstützt werden sollen aber auch wegen steuerlicher Vorteile oder der Veränderung / Umverteilung von Vermögen.

1. Die Schenkungssteuer

a) Notarielle Amtspflichten

Der Notar hat die Beteiligten eines Schenkungsvertrages auf eine mögliche Steuerpflicht hinzuweisen. Ggf. sollte ihnen ferner bereits im ersten Gespräch / nach Anfertigung des Urkundenentwurfs der Rat erteilt werden, einen Steuerberater hinzuzuziehen; dies vor allem dann, wenn der Schenkungsgegenstand von größerem Wert ist.

Jeder Schenkungsvertrag ist unverzüglich vom Notar durch postalische Übermittlung einer beglaubigten Abschrift dem für die Verwaltung der Erbschaftssteuer zuständigen Finanzamt anzuzeigen (§ 8 ErbStDV, § 34 ErbStG).

Darüber hinaus hat der Notar gegenüber dem Finanzamt – Erbschaftssteuerstelle – anzugeben, wenn nicht bereits aus der Urkunde selbst ersichtlich:

  • das Vertragsdatum und die UVZ-Nr.,
  • das Verwandtschaftsverhältnis von Schenker / Beschenktem/n,
  • den Vornamen, Namen, Geburtstag, die Anschrift und SteuerID von Schenker und Beschenkten/m,
  • den Verkehrswert des übertragenen Vermögens (bei Grundbesitz den letzten Einheitswert / Grundbesitzwert),
  • den Wert, der der Kostenrechnung zugrunde liegt,
  • den Valutastand der übernommenen Verbindlichkeiten im Zeitpunkt der Schenkung,
  • den Jahreswert von Gegenleistungen (z. B. Nießbrauch),
  • die Höhe der Notargebühren.

Nach Erhalt des Schenkungsvertrages wird das Finanzamt prüfen, ob der/die Beschenkte/n Schenkungssteuer zu bezahlen hat/haben und fordert von diesem/n ggf. eine Schenkungssteuererklärung an. Die Schenkungssteuer ist mit der Erbschaftssteuer in einem Gesetz, dem Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) zusammengefasst worden und wird auch identisch behandelt.

Der Unterschied besteht darin, dass Schenkungssteuer wiederholt, Erbschaftssteuer nur einmal entsteht und darin liegt der große Vorteil einer Vermögensübertragung durch Schenkung unter Lebenden im Gegensatz zum Vererben.

Die Beurkundung von Schenkungsverträgen hat der Notar ferner dem Finanzamt – Grunderwerbsteuerstelle – mittels amtlich vorgeschriebenen Vordruckes unter Beifügung einer Urkundenabschrift anzuzeigen (§ 18 GrEStG) → Veräußerungsanzeige.

Das Absenden der verpflichtenden Anzeigen an das jeweils zuständige Finanzamt ist auf der Urschrift der Urkunde zu vermerken. Dies sollte möglichst vor dem Einscannen der Urschrift zum Einstellen in die elektronische Urkundensammlung erfolgen, um unnötigen Mehraufwand zu vermeiden.

b) Berechnungsgrundlagen

Jede Schenkung ist steuerpflichtig. Die Schenkungssteuer schuldet stets der Beschenkte (§ 20 ErbStG), wobei die Höhe je nach persönlicher Beziehung zum Schenker variiert. Es gibt verschiedene Freibeträge, die ohne Anfall einer Steuer verschenkt werden können. Auch hierbei kommt es auf die persönliche Beziehung zwischen Schenker und Beschenkten/m an.

Die Beschenkten werden in verschiedene Steuerklassen eingeteilt, die nicht mit den Steuerklassen der Lohnsteuer zu verwechseln sind:

  Steuerklasse    Persönliches Verhältnis zum Schenker
I.Ehegatte, Lebenspartner nach dem LPartG, Kinder und Stiefkinder bzw. deren Abkömmlinge.
II.Eltern, Groß-, Schwieger- und Stiefeltern, Geschwister sowie deren Abkömmlinge ersten Grades, Schwiegerkinder, geschiedener Ehegatte bzw. Lebenspartner einer aufgehobenen Lebenspartnerschaft nach dem LPartG.
III.alle anderen Personen.

Von der Steuerklasse hängt die Höhe des jeweiligen Steuerfreibetrages (§ 16 Abs. 1 ErbStG) ab:

  Persönliches Verhältnis zum Schenker    Freibetrag in Euro
Ehegatte und Lebenspartner nach dem LPartG500.000,00
Kinder und Stiefkinder  400.000,00
Enkel (Eltern sind vorverstorben)
Enkel200.000,00
Urenkel100.000,00
Eltern, Groß-, Schwieger- und Stiefeltern        20.000,00
Geschwister
Nichten und Neffen
Schwiegerkinder
geschiedener Ehegatte bzw. Lebenspartner einer aufgehobenen Lebenspartnerschaft nach dem LPartG
alle anderen Personen

Anhand der vorstehenden Informationen kann die Höhe der Schenkungssteuer ermittelt werden, wobei der Steuersatz (§ 19 ErbStG) wiederum von dem Wert der zu versteuernden Schenkung in Verbindung mit der Steuerklasse abhängig ist.

Personen, die zur Steuerklasse I. gehören unterliegen einem geringeren Steuersatz als Personen der Steuerklassen II. und III:

Wert der steuerpflichtigen Schenkung bis einschließlich Euro ..  Steuerklassen  
I.II.III.
75.000,007 %15 %30 %
300.000,0011 %20 %30 %
600.000,0015 %25 %30 %
6.000.000,0019 %30 %30 %
13.000.000,0023 %35 %50 %
26.000.000,0027 %40 %50 %
mehr als 26.000.000,0030 %45 %50 %

Der Steuerfreibetrag kann nach Ablauf einer Zehn-Jahres-Frist erneut ausgenutzt werden (§ 14 ErbStG). Dies bedeutet, dass bei zeitversetzten Schenkungen unter Beachtung der vorstehenden Frist eine deutliche Steueroptimierung möglich ist. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die Frist möglicherweise nicht zu laufen beginnt, wenn der Schenker sich umfangreiche Rechte an dem Gegenstand der Schenkung vorbehält.

Bei einer größeren Schenkung sollte daher ein besonderes Augenmerk auf diese Gestaltungsmöglichkeit gelegt und die Beteiligten entsprechend unter ggf. Hinzuziehung eines Steuerberaters beraten werden.

Soll beispielsweise an einen entfernteren Abkömmling (Enkel oder Urenkel) eine seinen Freibetrag übersteigende Schenkung erfolgen, kann dies beispielsweise über den Umweg der „dazwischenliegenden“ Verwandten zu einem erheblichen Steuervorteil führen. Dieser Vorgang wird auch als Kettenschenkung bezeichnet (vgl. Berechnungsbeispiele c. 2a/b).

In die Überlegungen einer Schenkung sind u.a. auch Alter und Gesundheitszustand des Schenkers einzubeziehen, denn im Falle seines Ablebens vor Ablauf der Zehn-Jahres-Frist fällt die Schenkung mindestens anteilig (der Betrag verringert sich jedes Jahr um 10 %) in die Erbmasse und der Beschenkte könnte beispielsweise Pflichtteilsergänzungsansprüchen eines nicht bedachten Geschwisters ausgesetzt werden. Maßgeblich für den Beginn der Zehn-Jahres-Frist ist bei einer geschenkten Immobilie das Datum der Eigentumsänderung auf den Beschenkten.

Ebenso kann bei der Inanspruchnahme von Sozialleistungen durch den Schenker innerhalb der Frist ein Rückforderungsanspruch entstehen, den der Sozialleistungsträger auf sich umleiten kann. Maßgeblich für den Beginn der Zehn-Jahres-Frist ist hier das Datum des Antrages an das Grundbuchamt auf Änderung des Eigentums auf den Beschenkten.

Bei Ehegatten mit sehr großen Vermögenswerten könnte auch die Möglichkeit zur Steuereinsparung durch die sogenannte Güterstandsschaukel ausgenutzt werden.  Hierbei vereinbaren die im gesetzlichen Güterstand (= Zugewinngemeinschaft) lebenden Ehegatten durch Beurkundung eines Ehevertrages die Gütertrennung → übertragen durch einen notariellen Schenkungsvertrag Vermögenswerte von einem Ehegatten auf den anderen → vereinbaren anschließend in separater notarieller Urkunde die Zugewinngemeinschaft. Durch die (wenn auch nur temporäre) Beendigung der Zugewinngemeinschaft ist der Zugewinn auszugleichen, der unabhängig von der Höhe schenkungssteuerfrei ist. Der Zugewinn muss tatsächlich beglichen und darf nicht erlassen werden, was das zuständige Finanzamt prüfen wird. Auf diese Weise kann Vermögen, dass den Freibetrag übersteigt, steuerfrei von einem Ehegatten zum anderen übertragen werden.

Ehegatten haben darüber hinaus die Möglichkeit, das Familienheim unabhängig vom Verkehrswert schenkungssteuerfrei (untereinander) ohne Beachtung der Zehn-Jahres-Frist zu übertragen (§ 13 Abs. 1 Nr. 4a – c ErbStG). Als Familienheim gilt eine zu Wohnzwecken genutzte Immobilie, die sich in der BRD, einem Mitgliedsstaat der EU oder einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums befindet und den Mittelpunkt des familiären Lebens bildet.

Auch für die Schenkung von Betriebsvermögen zur Unternehmensnachfolge gibt es vielfältige Möglichkeiten einer Steuerbefreiung (§ 13a ErbStG). Liegt dieser Sachverhalt vor, ist wegen der Komplexibilität jedoch unbedingt ein Steuerberater hinzuzu-ziehen.

c) Berechnungsbeispiele

→ Beispiel 1a

Die Eltern schenken ihrem Kind eine Immobilie, die einen Verkehrswert von 500.000,00 € hat.

400.000,00 € sind steuerfrei, 100.000,00 € unterliegen der Schenkungssteuer. Kinder werden in die Steuerklasse I. eingeordnet, so dass bei dem zugrunde liegenden Wert 11 % Schenkungssteuer zu zahlen sind = 11.000,00 €.

→ Beispiel 1b

Die Eltern schenken ihrem Kind im Jahre 2015 und nach Ablauf der Zehn-Jahres-Frist jeweils einen ½ ideellen Miteigentumsanteil an einer Immobilie, die insgesamt einen Verkehrswert von 500.000,00 € hat, so dass das Kind im Ergebnis Alleineigentümer der Immobilie wird.

Im Jahre 2015 fällt keine Schenkungssteuer an, da die Schenkung 250.000,00 € (= ½ Anteil) beträgt. Bei der zweiten Schenkung, die wiederum 250.000,00 € (= ½ Anteil) beträgt, fällt abermals keine Schenkungssteuer an, da 10 Jahre seit der ersten Schenkung vergangen sind und diese daher ebenso steuerfrei ist.

→ Beispiel 2a

Die Großeltern schenken ihrem Enkel eine Immobilie, die einen Verkehrswert von 400.000,00 € hat.

200.000,00 € sind steuerfrei, 200.000,00 € unterliegen der Schenkungssteuer. Enkel werden in die Steuerklasse I. eingeordnet, so dass bei dem zugrunde liegenden Wert 11 % Schenkungssteuer zu zahlen sind 22.000,00 €.

→ Beispiel 2b

Die Großeltern schenken ihrem Kind eine Immobilie, die einen Verkehrswert von 400.000,00 € hat. Das Kind schenkt dieselbe Immobilie ihrem Kind (Enkel der Großeltern).

Bei beiden Schenkungen gilt: 400.000,00 € können Eltern ihrem Kind steuerfrei schen-ken. Der Enkel muss bei dieser Fallgestaltung (Kettenschenkung) keine Schenkungssteuer zahlen.

Tanja Roden ist seit mehr als 30 Jahren als Notarfachangestellte tätig, langjähriges aktives Mitglied im Prüfungsausschuss der Schl.-H. RAK, Fachbuchmitautorin des Teilbereichs Notariat einer ReNo-Lehrwerkreihe, schreibt Beiträge für die ReNo-Praxis und hat viel Freude daran, den Berufsschülern der ReNo-Oberstufe alles zu vermitteln, was für deren Abschlussprüfung im Teilbereich Notariat erforderlich ist.

In ihrer Freizeit treibt sie Sport, geht gern in die Sauna und ist Vorsitzende eines gemeinnützigen Vereins, der ein Waldjugendgelände unterhält.