Vollzugstätigkeiten

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Im Rahmen eines Beurkundungsverfahrens / sonstigen Verfahrens wird der Notar häufig auch mit dem Vollzug des Geschäfts beauftragt. Gleiches ist ferner möglich, wenn ein Notar ausschließlich den Entwurf einer Urkunde gefertigt, lediglich die Unterschrift auf einem Fremdentwurf beglaubigt oder nur die Urkunde eines anderen Notar zu prüfen / bei Gericht einzureichen hat.

Für die verschiedenen Vollzugstätigkeiten fallen unterschiedliche Gebühren an, die jedoch innerhalb eines Verfahrens / Geschäfts (mit Ausnahme der Gebühr für die Erzeugung der XML-Strukturdaten) nur einmal berechnet werden dürfen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die jeweilige Tätigkeit vor oder nach der Beurkundung / Entwurfsanfertigung erfolgt ist.

Die Wertvorschrift zur Vollzugsgebühr ist in § 112 GNotKG zu finden. Sie basiert auf dem Wert des zugrunde liegenden Beurkundungsverfahrens / sonstigen Verfahrens. Setzt sich dieser Wert aufgrund mehrerer Verfahrensgegenstände aus mehreren Beträgen zusammen und ist somit zu addieren (§ 35 Abs. 1 GNotKG), wird die Vollzugsgebühr aus dem Gesamtwert ermittelt, und zwar auch für den Fall der Notwendigkeit einer Vergleichsberechnung nach § 94 Abs. 1 GNotKG.   

Grundsätzlich gilt, dass eine Vollzugsgebühr nur berechnet werden darf, wenn der Notar mit dem Vollzug beauftragt wurde, was nicht unbedingt in der Urkunde selbst stehen muss, und darüber hinaus auch eine Vollzugstätigkeit erforderlich ist.

Ausnahmen bilden die Gebühren für die Erzeugung strukturierter Daten (XML) mit Rücksicht darauf, dass der Notar zwingend eine elektronische Antragstellung vorzunehmen hat, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist (z. B. Handelsregister, § 12 HGB); ein Auftrag hierzu ist demgemäß entbehrlich.

Eine Vollzugsgebühr kann neben einer Betreuungs-, Verwahrungs- und Treuhandgebühr entstehen.

Grundlage der Vollzugsgebühren bilden die KV-Nrn. 22110 – 22115 (Vollzug eines Geschäfts innerhalb eines Beurkundungsverfahrens / im Rahmen der Fertigung eines Entwurfs) sowie 22120 – 22124 (Vollzug in besonderen Fällen, wenn der Notar weder beurkundet noch entworfen hat).

Nachfolgend soll ein für die Praxis verwendbarer Überblick über die verschiedenen Gebührentatbestände beginnend mit der umfangreichen Vorbemerkung zum Vollzug eines Geschäfts gegeben werden.

Der jeweilige Wortlaut des GNotKG ist in blau unterlegten Spalten zu finden; darunter stehen die dazugehörigen Tätigkeiten. Am Ende sind einige Fallbeispiele angefügt.

Vollzug eines Geschäfts

(Der Notar erhält eine Gebühr für das Beurkundungsverfahren / die Entwurfsfertigung)

  Vollzugsgebühr gemäß der Vorbemerkung 2.2.1.1 Abs. 1 S. 2 …KV-Nr. Betrag / Satz
… Nr. 1  Anforderung und Prüfung einer Erklärung oder Bescheinigung nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften mit Ausnahme der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes.KV-Nr. 22112  
50,00 € je Tätigkeit und insgesamt nicht mehr als 0,5, wenn die zugrunde liegende Beurkundung 2,0 auslöst (KV-Nr. 22110)
0,3, wenn die zugrunde liegende Beurkundung weniger als 2,0 auslöst (KV-Nr. 22111)
1    T ä t i g k e i t e n    – Beispiele –
  Einholung und Prüfung …                                                                                            einer Genehmigung nach …
… dem Grundstücksverkehrsgesetz (GrdstVG)
Beispiel: Das vertragsgegenständliche Grundstück hat eine bestimmte Größe überschritten (Freigrenzen / Sonderfälle bestimmen die Bundesländer z. B. 2 ha in Schl.-H.)

§ 22 Baugesetzbuch (BauGB)
Beispiel: Zur Gründung von Wohnungseigentum nach dem WEG ist eine Teilungsgenehmigung erforderlich (Genehmigungserfordernis können Gemeinden, die durch Fremdenverkehr geprägt sind, in ihrer Satzung bestimmen z. B. Timmendorfer Strand)

§ 144 Baugesetzbuch (BauGB)
Beispiel: Ist in Abteilung II des Grundbuchs ein Sanierungsvermerk eingetragen, wird zur Veräuße-rung / Belastung der Immobilie eine sanierungs-rechtliche Genehmigung der Gemeinde benötigt.

§ 28 Baugesetzbuch (BauGB)
Beispiel: Jeder Gemeinde steht ein Vorkaufsrecht beim Kauf von Grundstücken zu. Ausnahmen bilden Wohnungseigentum und Erbbaurecht.

landesrechtlichen Vorschriften (Naturschutz und/oder Denkmalschutz)
Beispiel: Negativzeugnis nach § 50 LNatSchG, wenn das kaufgegenständliche Grundstück in z. B. einem Natura 2000 Gebiet liegt. Jedes Bundesland hat diesbezüglich eigene Vorschriften.

… der Kirchen-, Stiftungs- oder Kommunal-aufsicht
Beispiel: Das Handeln von Vertretern einer Kirche / Gemeinde / Stiftung ist nachträglich durch die jewei-lige Aufsichtsbehörde (z. B. Kirchengemeinderat / Gemeinderat) zu genehmigen.

… einer Abgeschlossenheitsbescheinigung nach § 7 WEG
Beispiel: Zur Aufteilung in Wohnungseigentum ist eine Abgeschlossenheitsbescheinigung der Baugenehmi-gungsbehörde erforderlich.

… der Aufteilungspläne zur Abgeschlossenheitsbescheinigung (wie vor)
Beispiel: Zur Anforderung einer Abgeschlossenheits-bescheinigung bedarf es u. a. bestimmter Aufteilungs-pläne (= Zeichnungen).

… einer Stellungnahme der IHK
Beispiel: Zur Gründung einer Gesellschaft ist die Unbedenklichkeit der Firmenführung dem Handels-register nachzuweisen.

… einer Personenstandsurkunde
Beispiel: Im Rahmen der Bearbeitung eines Erbscheinsantrags ist eine Geburts- und/oder Sterbeurkunde beim Nachlassgericht vorzulegen.
… Nr. 2 Anforderung und Prüfung einer anderen als der in Nummer 4 genannten gerichtlichen Entscheidung oder Bescheinigung, dies gilt auch für die Ermittlung des Inhalts eines ausländischen Registers.
2                      T ä t i g k e i t e n    – Beispiele –
Anforderung und Prüfung eines/r …























Abgabe einer Bescheinigung nach …







Antrag auf Bestellung eines..            
      …  Erbscheinsausfertigung
Beispiel: Zum Nachweis der Rechtsnachfolge ist eine Erbscheinsausfertigung durch den/die Erben vorzu-legen.  
…  Testamentsvollstreckerzeugnisses
Beispiel: Als Vertretungsnachweis des Testaments-vollstreckers ist das auf ihn lautende TV-Zeugnis vorzulegen.

…  beglaubigten Abschrift eines Europäischen Nachlasszeugnisses
Beispiel: wie bei Erbscheinsausfertigung.  
…  ausländischen Registerauszuges
Beispiel: Zum Nachweis der Vertretung einer aus-ländischen Firma, wird eine Registerauszug benötigt.

…  § 32 Grundbuchordnung (GBO)
Beispiel: Bescheinigung des Notars über die Vertretungsberechtigung oder den Bestand einer im Handelsregister eingetragenen Firma nach § 21 Abs. 1 BNotO.

…  Ergänzungspflegers
Beispiel: Ein Minderjähriger soll im Rahmen eines Immobilienerwerbs vertreten werden. Den sorgebe-rechtigten Eltern ist dies gesetzlich untersagt.

…  Nachlasspflegers
Beispiel: Die Erklärung eines Nachlasspflegers ist zur Vertretung unbekannter Erben im Rahmen eines beurkundeten Rechtsgeschäfts erforderlich.

…  Betreuers
Beispiel: Eine nicht geschäftsfähige volljährige Person soll im Rahmen einer Immobilienver-äußerung vertreten werden.

…  Ergänzungsbetreuers
Beispiel: Der Betreuer einer nicht geschäftsfähigen Person hat ein Rechtsgeschäft geschlossen, an dem er persönlich beteiligt ist.              
… Nr. 3 Fertigung, Änderung oder Ergänzung der Liste der Gesellschafter (§ 8 Abs. 1 Nr. 3, § 40 GmbHG) oder der Liste der Personen, welche neue Geschäftsanteile übernommen haben (§ 57 Abs. 3 Nr. 2 GmbHG). 0,5, wenn die zugrunde liegende Beurkundung 2,0 auslöst (KV-Nr. 22110)  
0,3, wenn die zugrunde liegende Beurkundung weniger als 2,0 auslöst (KV-Nr. 22111) j e d o c h je Liste nicht mehr als 250,00 € (KV-Nr. 22113).
3T ä t i g k e i t e n    – Beispiele –
Fertigung, Änderung oder Ergänzung …  … der Liste der
… Gesellschafter
Beispiele: Liste der Gründungsgesellschafter, Gesellschafterliste nach Abtretung von Anteilen.

…  Personen, die neue Geschäftsanteile übernommen haben
Beispiel: Liste der Übernehmer bei einer Kapital-erhöhung.         

Fallbeispiele zu vorstehenden Vollzugstätigkeiten:

V veräußert an K ein bebautes Grundstück zu einem Kaufpreis von 50.000,00 €. In Abteilung II des Grundbuchs ist ein Sanierungsvermerk eingetragen.

Der beurkundende Notar wird mit dem Vollzug des Vertrages beauftragt und fordert die Verzichts-erklärung der Gemeinde auf das gesetzliche Vorkaufsrecht, die sanierungsrechtliche Genehmigung sowie die steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung an.

Der Notar erhält hierfür Vollzugsgebühren für die Anforderung der

  • Vorkaufsrechtsverzichtserklärung (§ 28 BauGB)
  • sanierungsrechtlichen Genehmigung (§ 144 BauGB)

in Höhe von je 50,00 € nach KV-Nrn. 22110/22112 (gem. Vorbem. 2.2.1.1. Abs. 1 S. 2 Nr. 1) mithin insgesamt 100,00 €.

Wegen des Geschäftswertes von 50.000,00 € dürfen jedoch lediglich 82,50 € mit Rücksicht darauf berechnet werden, dass max. eine 0,5-Gebühr entstehen darf, da das zugrunde liegende Beurkun-dungsverfahren eine 2,0-Gebühr auslöst.

Die Anforderung der steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung löst keine Gebühr aus.

 E gibt eine eidesstattliche Versicherung zur Erlangung eines Erbscheins ab. Der Wert des Rein-nachlasses beträgt 20.000,00 €.

Der beurkundende Notar wird mit dem Vollzug beauftragt und fordert die fehlende Sterbeurkunde des Erblassers an.

Der Notar erhält hierfür eine Vollzugsgebühr in Höhe von 50,00 € nach KV-Nrn. 22111/22112 (gem. Vorbem. 2.2.1.1. Abs. 1 S. 2 Nr. 1).

Wegen des Geschäftswertes von 20.000,00 € dürfen jedoch lediglich 32,10 € mit Rücksicht darauf berechnet werden, dass max. eine 0,3-Gebühr entstehen darf, da das zugrunde liegende Beurkun-dungsverfahren weniger als eine 2,0-Gebühr -nämlich hier eine 1,0-Gebühr- auslöst.

 V veräußert an K eine Eigentumswohnung zu einem Kaufpreis von 150.000,00 €. V ist aufgrund gesetzlicher Erbfolge Rechtsnachfolger des im Grundbuch eingetragenen Eigentümers E. Die Ausfertigung des Erbscheins liegt V nicht vor. Der Erbschein wurde jedoch durch das zuständige Nachlassgericht bereits erteilt.

Der beurkundende Notar wird mit dem Vollzug des Vertrages beauftragt und fordert die fehlende Erbscheinsausfertigung sowie die steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung an. Weitere Unterlagen werden nicht benötigt.

Der Notar erhält hierfür eine Vollzugsgebühr in Höhe von 50,00 € nach KV-Nrn. 22110/22112 (gem. Vorbem. 2.2.1.1. Abs. 1 S. 2 Nr. 2).

 G1 + G2 gründen eine Mehr-Personen-GmbH mit einem Stammkapital von 25.000,00 €.

Der beurkundende Notar wird mit der Anfertigung der Gesellschafterliste beauftragt und erstellt diese.

Der Notar erhält hierfür eine 0,5-Vollzugsgebühr in Höhe von 62,50 € nach KV-Nrn. 22110/22113 (gem. Vorbem. 2.2.1.1. Abs. 1 S. 2 Nr. 3). Der Geschäftswert beträgt hier 30.000,00 € gem. § 107 Abs. 1 GNotKG. Das zugrunde liegende Beurkundungsverfahren löst eine 2,0-Gebühr (Gründung Mehr-Personen-GmbH) aus.

 G1 gründet eine Ein-Personen-GmbH mit einem Stammkapital von 25.000,00 €.

Der beurkundende Notar wird mit der Anfertigung der Gesellschafterliste beauftragt und erstellt diese.

Der Notar erhält hierfür eine 0,3-Vollzugsgebühr in Höhe von 37,50 € nach KV-Nrn. 22111/22113 (gem. Vorbem. 2.2.1.1. Abs. 1 S. 2 Nr. 3). Der Geschäftswert beträgt hier 30.000,00 € gem. § 107 Abs. 1 GNotKG. Das zugrunde liegende Beurkundungsverfahren löst eine Gebühr aus, die weniger als 2,0-Gebühr -nämlich hier eine 1,0-Gebühr(Gründung Ein-Personen-GmbH)- beträgt.

G1 + G2 gründen eine Mehr-Personen-GmbH mit einem Stammkapital von 300.000,00 €.

Der beurkundende Notar wird mit der Anfertigung der Gesellschafterliste beauftragt und erstellt diese.

Der Notar erhält hierfür eine Vollzugsgebühr in Höhe von 250,00 € nach KV-Nrn. 22110/22113 (gem. Vorbem. 2.2.1.1. Abs. 1 S. 2 Nr. 3). Eine 0,5-Gebühr aus 300.000,00 € beträgt 342,50 €; jedoch dürfen nicht mehr als 250,00 € je Liste berechnet werden.

Tanja Roden ist seit mehr als 30 Jahren als Notarfachangestellte tätig, langjähriges aktives Mitglied im Prüfungsausschuss der Schl.-H. RAK, Fachbuchmitautorin des Teilbereichs Notariat einer ReNo-Lehrwerkreihe, schreibt Beiträge für die ReNo-Praxis und hat viel Freude daran, den Berufsschülern der ReNo-Oberstufe alles zu vermitteln, was für deren Abschlussprüfung im Teilbereich Notariat erforderlich ist.

In ihrer Freizeit treibt sie Sport, geht gern in die Sauna und ist Vorsitzende eines gemeinnützigen Vereins, der ein Waldjugendgelände unterhält.