Entwicklung des Umwandlungsrechts

1994

Das Umwandlungsrecht wurde im Jahr 1994 grundlegend reformiert (Gesetz zur Bereinigung des Umwandlungsrechts v. 28.10.1994, BGBl I 1994, S. 3210; hierzu Lutter, in: Lutter, UmwG, Einf. Rn 8 ff.). Ziel des UmwG von 1994 ist es, den Unternehmen ein rechtliches Instrumentarium an die Hand zu geben, Änderungen der Unternehmensstrategie und der Unternehmensstruktur umzusetzen, ohne den kosten- und zeitaufwendigen Weg der Liquidation der bisherigen Gesellschaft und anschließenden Neugründung in der gewünschten Gesellschaftsform gehen zu müssen. In steuerlicher Hinsicht wird im Zusammenspiel mit dem UmwStG eine Buchwertfortführung ermöglicht.

Bis 1994 waren die Regelungen zur Vereinfachung von Umstrukturierungen stark zersplittert und über verschiedene Gesetze verteilt (Hierzu im Einzelnen Limmer, in: Limmer, Handbuch der Unternehmensumwandlung, Teil 1, Rn 2). Ziel der Reform war daher eine Vereinheitlichung der Regelungen. Darüber hinaus sollte auch weiteren Rechtsformen die Möglichkeit zur vereinfachten Umwandlung eingeräumt werden (Eine Übersicht über die erst seit 1994 möglichen Umwandlungsgestaltungen findet sich bei Limmer, in: Limmer, Handbuch der Unternehmensumwandlung, Teil 1, Rn 135 ff.).

Darüber hinaus wurde im Zuge der Reform von 1994 erstmals in Umsetzung der sog. Spaltungsrichtlinie (Richtlinie 82/891/EWG v. 17.12.1982, ABl v. 31.12.1982, L 378/47; zur Entwicklungsgeschichte der Spaltungsrichtlinie ausführlich Lutter/Bayer/J. Schmidt, Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, § 21) allgemein die Möglichkeit der Spaltung von Rechtsträgern eingeführt. Hierfür gab es bis dahin lediglich Regelungen für Sonderbereiche in den neuen Bundesländern, wie z.B. im Landwirtschaftsanpassungsgesetz (LwAnpG) (V. 3.7.1991, BGBl I 1991, S. 1418) und im Gesetz über die Spaltung der von der Treuhandanstalt verwalteten Unternehmen (SpTruG) (V. 5.4.1991, BGBl I 1991, S. 854).

In der Zeit nach 1994 kam es zu zahlreichen Änderungen des Umwandlungsgesetzes (Hierzu ausführlich Limmer, in: Limmer, Handbuch der Unternehmensumwandlung, Teil 1, Rn 18 ff.; MünchHdbGesR VIII/Lieder, § 1 Rn 11 ff.).

1998

1998 wurde durch das Erste UmwG-Änderungsgesetz (V. 22.7.1998, BGBl I, S. 838) die Partnerschaftsgesellschaft in den Kreis umwandlungsfähiger Rechtsträger eingefügt.

2007

Mit dem zweiten UmwG-Änderungsgesetz (V. 19.4.2007 BGBl I, S. 542) wurden 2007 Regelungen über die grenzüberschreitende Verschmelzung neu geschaffen (hierzu ausführlich Rdn 394 ff.; s.a. zum Verfahren Rdn 410 ff.) (Ausführlich zu grenzüberschreitenden Verschmelzungen auf dieser Grundlage Limmer/Knaier, in: Limmer, Handbuch der Unternehmensumwandlung, Teil 6, Rn 74 ff. und Rn 230 ff. zu grenzüberschreitenden Verschmelzungen außerhalb des kodifizierten Rechtsrahmens; s.a. Rdn 392 ff.). Zudem sollte zugleich allgemein das Umwandlungsverfahren erleichtert und beschleunigt werden (MünchHdbGesR VIII/Lieder, § 1 Rn 14).

2011

Das Dritte UmwG-Änderungsgesetz (V. 11.7.2011, BGBl I, S. 1338) bezweckte ebenfalls die Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben, bzgl. der Verschmelzung von Aktiengesellschaften, wesentlich in Konzernkonstellationen (Hierzu ausführlich Limmer, in: Limmer, Handbuch der Unternehmensumwandlung, Teil 1, Rn 63 ff.; MünchHdbGesR VIII/Lieder, § 1 Rn 15). Dadurch ergaben sich vor allem Erleichterungen bei Verschmelzung und Spaltung von AG im Konzern (S. zu den Problemen in der Praxis: Ising, NZG 2011, 1368) sowie ein neues verschmelzungsspezifisches Squeeze out von Minderheitsgesellschaftern bis 10 %-Beteiligung. Die Neuregelung verstößt nicht gegen Art 14 GG (OLG Hamburg, ZIP 2012, 1347 = BB 2012, 2073 m. Anm. Drinhausen; dazu Seulen, EWiR 2012, 503). Selbst gezieltes Einsetzen ist nicht rechtsmissbräuchlich (BVerfG, NZG 2012, 907; restriktiver noch Schröder/Wirsch, ZGR 2012, 660; strenger für Rechtsmissbrauch um Inanspruchnahme von besonderem Vertreter zu verhindern: OLG Köln, NZG 2018, 459 – Strabag).

2018

Mit dem Vierten UmwG-Änderungsgesetz (V. 19.12.2018, BGBl I, S. 2694) versuchte der Bundesgesetzgeber, den in Deutschland tätigen britischen Gesellschaften mit Satzungssitz in Großbritannien eine rasch durchzuführende Rettungsmöglichkeit, durch Modifikation der Regeln über die grenzüberschreitende Hineinverschmelzung, vor den mit dem Brexit verbundenen Rechtsfolgen zu bieten (Lieder/Bialluch, NJW 2019, 805; s.a. Knaier, ZNotP 2018, 341). Der in diesem Zuge neu gefasste § 122b UmwG gestattet seitdem allgemein die Hereinverschmelzung auf eine inländische Personenhandelsgesellschaft (Ausführlich Knaier, in: Limmer, Handbuch der Unternehmensumwandlung, Kap. 24 Rn 18).

2024

Zuletzt wurde das UmwG durch zwei große Reformvorhaben erheblich verändert. Zum einen ergaben sich durch Art. 60 MoPeG (Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts v. 10.8.2021, BGBl I 2021, S. 3436; zur Reform: Lieder, ZRP 2021, 34; K. Schmidt, ZHR 185 (2021), 16; Habersack, ZGR 2020, 539; Fleischer, DStR 2021, 430; Fleischer, BB 2021, 386; Heckschen, NZG 2020, 761; Heckschen, AnwBl. Online 2020, 470; Heckschen, GWR 2021, 1; Heckschen/Nolting, BB 2020, 2256; Fleischer, DB 2020, 1107, 1109 ff.; Schall, ZIP 2020, 1443; Schäfer, ZIP 2020, 1149; Bachmann, NZG 2020, 612; Westermann, DZWiR 2020, 321; Noack, NZG 2020, 581; Noack, BB 2021, 643; Altmeppen, NZG 2020, 822; Luy, notar 2020, 182; Hippeli, DZWiR 2020, 386; Storz, GWR 2020, 257; Geibel, ZRP 2020, 137; Punte/Klemens/ Sambulski, ZIP 2020, 1230; Otte-Gräbener, BB 2020, 1295; Nazari-Khanachayi, WM 2020, 2056.) mit Wirkung zum 1.1.2024 (§ 707c BGB) kodifizierte Möglichkeiten für die Umwandlung zwischen eingetragenen GbR, Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften im Wege des Statuswechselverfahrens und zugleich wurde die eGbR als beteiligter Rechtsträger für zahlreiche Umwandlungsverfahren nach dem UmwG zugelassen.

Zum anderen erfuhr das UmwG mit der Umsetzung der Richtlinie zur Änderung der RL (EU) 2017/1132 im Hinblick auf grenzüberschreitende Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen (RL (EU) 2019/2121 v. 27.11.2019, ABl L 321/1 v. 12.12.2019; dazu ausführlich Bormann/Stelmaszczyk, ZIP 2019, 300; Knaier, GmbHR 2018, 607) durch das UmRUG (BGBl I Nr. 51; s. hierzu auch Bungert/Reidt, DB 2023, 54; Heckschen/Knaier, ZIP 2022, 2205; Bungert/Strothotte, DB 2022, 1818; J. Schmidt, NZG 2022, 579; Goette, DStR 2023, 157; Lieder/Hilser, ZIP 2022, 2521; Hommelhoff, NZG 2022, 683; Kablitz, GmbHR 2022, 721; Luy/Redler, notar 2022, 163; Schollmeyer, NZG 2022, 937) seine bisher wohl größte Reform (So ausdrücklich Heckschen/Knaier, GmbHR 2022, 501 und 613.), durch die nicht nur Verfahren zur grenzüberschreitenden Spaltung und zum grenzüberschreitenden Formwechsel implementiert sowie die Regeln über die grenzüberschreitende Verschmelzung reformiert wurden, sondern auch zahlreiche Änderungen im nationalen Umwandlungsrecht. Diese betreffen allgemeine Verfahrensregeln, wie etwa hinsichtlich des Verschmelzungsberichts und der Verschmelzungsprüfung.

Zudem steht das sog. Spruchstellenverfahren nun auch den Anteilseignern des aufnehmenden Rechtsträgers zur Verfügung. Diese können die Umwandlungsmaßnahmen nicht mehr mit dem Argument angreifen, dass das Umtauschverhältnis aus ihrer Sicht zu ungünstig oder die Informationen zur Ermittlung des Umtauschverhältnisses seien unzureichend.

Eine weitere wichtige Neuerung besteht darin, dass die AG als Abfindung bei einem unangemessenen Umtauschverhältnis die Pflicht zur Barleistung durch die Gewährung von Anteilen ersetzen können. Weiterhin ist daraufhinzuweisen, dass das nationale Umwandlungsrecht in § 125 und § 142 UmwG geändert wird.

Ein Auszug aus dem Buch Wachter/Heckschen (Hrsg.) Praxis des Handels- und Gesellschaftsrechts, 6. Auflage, 2024, §14 Rn 1-5

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